Meinung/Gastkommentar

Selbst Goldmedaillen schützen nicht vor Altersarmut

Es ist Zeit, der Realität ins Auge zu blicken: Für uns Sportlerinnen kommt die Pension schneller, als man denkt. Verletzungsfrei bleiben wir vielleicht bis Mitte oder Ende dreißig in der Weltspitze.

Um im Sport auf höchstem Niveau erfolgreich zu sein, braucht es vollen Fokus. Kein Schritt darf daneben gehen, kein unnötiges Risiko eingegangen werden. Deswegen überspringe ich privat keine Treppenstufe oder hüpfe über Bordsteinkanten. Ein Fehltritt, und zehn Jahre Arbeit wären zunichte. Alles wird auf den Tag X ausgerichtet – aktuell Olympia 2024.

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Lange vor 65

Aber was folgt danach? Meine Sportkarriere endet lange vor dem Regelpensionsalter. Ich werde keine Speere bis 65 werfen. Wie alle Spitzensportlerinnen ist meine aktive Zeit zeitlich begrenzt. Da heißt es, so viel wie möglich rausholen und vorsorgen. Denn abgesehen von wenigen Sportarten, die richtig Geld einbringen, schützt selbst ein Olympiasieg nicht vor Altersarmut. Was folgt nach der aktiven Sportkarriere?

Egal was, es gibt einen klaren Bruch, der häufig finanziell überbrückt werden muss. Wir Sportlerinnen müssen früh smarte Entscheidungen treffen – nicht nur beim Training, sondern auch bei der persönlichen Vorsorge. Denn Ruhm und Ehre helfen nicht, wenn die durchschnittliche Pension von Frauen gerade mal die Hälfte der Männerpension beträgt.

Der Equal Pension Day (in Österreich am 6. August) ist kein Grund zum Feiern. Wir haben keine Zeit, das Thema finanzielle Absicherung aufzuschieben. Für die eigene Vorsorge heißt es, mutig zu sein, sich mit den richtigen Beratern zu umgeben und das Risiko abzuwägen.

Risiko

Ähnlich wie im Sport: Wie viel bin ich bereit zu investieren? Wie viel kann ich riskieren? Welches Ziel möchte ich erreichen? Schnell erkennt man, dass die rein staatliche Vorsorge kaum ausreicht. Besonders wenn man, wie ich, keine klassische Erwerbsbiografie hat und variable Einkommen bezieht, Pausen einlegt – sei es nun aufgrund von Verletzungen oder der Familienplanung.

Aber was nun? Medaillen unters Kopfkissen? Auf klassischen Sparkonten verliert das hart verdiente Preisgeld durch die Inflation an Wert. Mut zahlt sich aus – nicht nur im Sport.

Wir Frauen sollten endlich unsere Scheu vor Investitionen verlieren. Regelmäßig belegen Studien, dass Frauen bei Geldanlage besser agieren als Männer – wir meiden unkalkulierbare Risiken und sind wesentlich geduldiger, wenn wir den Schritt erst einmal wagen. Um von wertvollen Kapitaleffekten wie Zinsenzinsen zu profitieren, bleibt keine Zeit zu verlieren.

Wieder ein guter Vergleich zum Sport: Je früher man anfängt, desto mehr Muscle Memory ersetzt hartes Training.

Der Körper erinnert sich und ist schneller einsatzfähig.
 

Victoria Hudson Die Autorin ist Europameisterin, Olympiateilnehmerin im Speerwurf und Helvetia-Botschafterin