Meinung/Gastkommentar

PISA: Die Stunde der vergessenen Bildungsexperten

Alle drei Jahre wieder kommt der PISA-Test. Kommt mit seinen Klagen über alle Welt.

Früher mehr als ernst genommen, hat die in den OECD-Ländern durchgeführte Bildungsstudie nun ihr Erregungspotenzial weitgehend verloren. Ein Aufmacher am Tag der Veröffentlichung, dann zwei, drei Tage ein paar Artikel in der Rubrik Allfälliges in den Gazetten – nicht mehr. Und das ist gut so. Denn PISA besitzt wenig Aussagekraft. Dazu ist der Test nämlich zu allgemein gehalten und übersieht notgedrungen die Spezifika der Bildungssysteme einzelner Länder.

Lerndefizite

So wurde zum Beispiel bei uns in Österreich eine Kluft zwischen den Testergebnissen von Kindern festgestellt, die – wie man verschämt sagt – aus „bildungsfernen“ Milieus kommen, und von jenen Kindern aus Akademikerhaushalten. Ein Grund dafür dürfte in der Tatsache beruhen, dass die 15- und 16-jährigen Getesteten aus Mittelschulen jene sind, die aufgrund ihrer Lerndefizite überlang in den Mittelschulen verblieben. Ihre schulisch besseren Kommilitonen sind längst der Schule entwachsen, als Lehrlinge erfolgreich unterwegs und von PISA nicht erfasst.

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Strukturen

Aber Argumente wie dieses fechten selbst ernannte Bildungsexperten nicht an, wenn sie aus der Mottenkiste ihrer vergilbten Aufsätze mir den vermeintlichen Zaubermitteln hausieren gehen, wie aus ihrer Sicht Schule neu zu gestalten wäre. Fast alle stürzen sich auf Strukturveränderungen, vom Ersetzen der Noten durch einfühlsame Feedbacks angefangen bis zu Gesamtschulillusionen. Alles ad nauseam durchgekaut, trotzdem unverdrossen angeboten.

Kluge Fachleute für Schule und Bildung haben natürlich recht, wenn sie darauf hinweisen, dass mein oben angeführtes Argument, den Unterschied der PISA-Ergebnisse bei Kindern aus verschiedenen Milieus betreffend, nur zum Teil greift. Doch wie kämpft man wirkungsvoll gegen diesen Unterschied an?

Inhalte

Änderungen bei den Strukturen, wie sie zum Beispiel Befürworter der Gesamtschule immer wieder vorschlagen, gehen ins Leere. Nicht auf die Strukturen, auf die Inhalte kommt es an. Will heißen, wir müssen Schulen wieder als Orte der Leistung verstehen, als Orte, wo bei Kindern der Ehrgeiz geweckt wird, Wissen und Können zu erwerben – nicht um bei der PISA-Studie zu bestehen, sondern um die eigene Persönlichkeit zu stärken und ein wertvolles, leistungsfähiges und leistungsbereites Mitglied der Gesellschaft zu werden.

„Professionelle Lehrer spielen dabei eine wesentliche Rolle“, sagt dazu die estnische Bildungsministerin Kristina Kallas – nicht von ungefähr ist das Bildungssystem Estlands vorbildlich.

Rudolf Taschner ist Mathematiker und Bildungssprecher des ÖVP-Parlamentsklubs