Meinung/Gastkommentar

Mehr Minister braucht das Land

Die kommende Bundesregierung muss mehr Minister umfassen als ihre Vorgängerregierungen der letzten Jahre. Und dies nicht deshalb, weil diesmal wohl drei Parteien eine Regierung bilden. Die nötige Vergrößerung ist schlicht und einfach dem Umstand geschuldet, dass die vielfältigen und großen Probleme, die es zu bewältigen gilt, auf mehrere Schultern verteilt werden müssen.

Bei den letzten Regierungsbildungen hat man sich in vordergründiger Selbstbescheidenheit darin zu überbieten versucht, die jeweilige Regierungsmannschaft möglichst klein zu halten. Damit wollte man Bereitschaft zur Sparsamkeit signalisieren. Dass sich diese Zurückhaltung bei der Zahl von Ministern und Staatssekretären dann bei der Mitarbeiterzahl der jeweiligen Ministerkabinette keineswegs fortsetze, ist hinlänglich bekannt.

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Spätestens seit der Pandemie hat sich jedoch gezeigt, dass es wenig Sinn hat, ein Monsterressort wie „Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz“ zu schaffen. Drei Minister zerbrachen an der Vielzahl der thematischen Herausforderungen. Aber auch beim Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie zeigt sich nach fünf Jahren, dass dies einfach zu viel für eine Person ist. Wer solch einen Bauchladen an Zuständigkeiten umgehängt bekommt, kann nur scheitern. Bei so vielen politischen Baustellen bleibt notgedrungen vieles auf der Strecke.

Es wäre also an der Zeit, diese ministeriellen Zuständigkeitskonglomerate zu entwirren und klare thematische Einheiten zu schaffen. Diese kleineren Ministerien könnten sich dann auch wieder darauf konzentrieren, was ihr einzelner Name widerspiegelt: Gesundheit. Soziales. Verkehr. Umwelt.

Und weil aktuell immer wieder gerne auf Bruno Kreisky Bezug genommen wird: Das Kabinett Kreisky IV (1979–1983) umfasste 14 Regierungsmitglieder (Kanzler und 13 Minister) sowie 9 Staatssekretäre. Wer also vor einer beträchtlichen Erhöhung der Ministerzahl zurückschreckt, könnte zumindest die Zahl der Staatssekretäre deutlich erhöhen. Und wenn man auf „parlamentarische Staatssekretäre“ zurückgreift – also Staatssekretäre, die ihr Nationalratsmandat behalten – könnte man auch dem Kostenargument elegant gegenübertreten. Denn die jeweiligen Doppelbezüge wären bereits heute gedeckelt bzw. würden gegengerechnet. Der jeweilige Staatssekretär würde sich daher nahezu selbst finanzieren.

Bliebe noch das leidige Thema der Kabinette für Minister und Staatssekretäre. Der dort ausufernden Zahl an Mitarbeitern könnte ein Blick nach Brüssel helfen: Dem Kabinett des Kommissionspräsidenten gehören höchstens zwölf, dem der Exekutiv-Vizepräsidenten zehn, dem eines normalen Kommissars sechs Referenten des höheren Dienstes an. Darin sind Kabinettschef und Pressesprecher übrigens bereits inbegriffen. Und schon wäre auch dieses Problem gelöst.

Stefan Brocza ist Experte für Europarecht und internationale Beziehungen.