Kein „Weiter wie bisher“ bei den Erneuerbaren
Kein „Weiter wie bisher“ – mit diesem mittlerweile sattsam bekannten Motto sind die Koalitionsverhandler:innen angetreten. Man sollte meinen, das soll heißen, es wird jetzt aber wirklich alles besser. Sollte man. Wenn man sich anhört, was manche Einflüsterer und Zurufer dieser Tage so von sich geben, könnte man aus Sicht der Erneuerbaren meinen, jetzt wird aber wirklich alles schlechter.
Gesetze für den Erneuerbaren-Ausbau? Können warten. Förderungen für den Ausstieg aus fossiler Energie? Können wir uns nicht leisten. Leistungsfähige Netze und Leitungen? Das kostet viel und ist sowieso nur wegen euch Erneuerbaren notwendig. Raus aus russischem Gas? Ein No-go. Ein klimaneutrales Österreich 2040? Ein absolutes No-go. Bin ich im falschen Film? Als Nächstes hängt man der erneuerbaren Energie auch noch die KTM-Pleite um.
An die Damen und Herren in Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung: Erneuerbare sind nicht das Problem, sie sind die Lösung. Österreich kann es sich nicht länger leisten, die Vergangenheit zu subventionieren, und muss in die Zukunft investieren. Das verstehe ich unter „kein Weiter wie bisher“. Eine noch längere Öl- und Erdgasabhängigkeit von Schurkistan ist nicht die Zukunft, die wir brauchen.
In Österreich sind 384.000 Menschen ohne Arbeit. Das Wirtschaftswachstum liegt bei gerade 0,2 Prozent. Es braucht dringend Impulse für Wachstum und Beschäftigung – der Ausbau erneuerbarer Energie ist so ein Impuls. Mit dem notwendigen Netzausbau haben wir das Potenzial für mehr als 300.000 sichere und hochwertige Arbeitsplätze. Allein die Windkraft hat umsetzungsreife Projekte in der Höhe von mehr als drei Milliarden Euro in der Pipeline. Die Förderung für den Heizungstausch hat mehr als eine Milliarde Euro regionale Wertschöpfung ausgelöst.
Selbst eher konservative Wirtschaftsforscher:innen sagen: Österreich braucht Strukturreformen. Eine zentrale Strukturreform wäre, erneuerbare Energie schneller auszubauen. Die mehr als 1.000 Unternehmen der Energiewende haben dafür die Pläne und Projekte, das Know-how und die Power, sie haben private Investoren – sie wissen, wie es gehen kann.
Österreich hat mit den erneuerbaren Energieträgern einen mächtigen und emissionsfreien Konjunkturmotor. Die nächste Regierung muss diesen Motor endlich starten. Dafür braucht es den Beschluss wichtiger und längst fertig verhandelter Gesetze; einen klaren Kurs statt Stop and Go; eine bessere Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern.
Wir brauchen in der Energiepolitik Zukunft statt Retro, Ermöglichen statt Verhindern, Miteinander statt gegeneinander. Daran werden „wir Erneuerbare“ die nächste Regierung messen. Und ich sage gleich: 100 Tage Schonfrist wird es nicht geben – dafür ist das Thema viel zu wichtig.
Martina Prechtl-Grundnig ist Geschäftsführerin des Dachverbands Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ)