Meinung/Gastkommentar

Die Gründe für die Pensionslücke

Von Jahresbeginn bis Dienstag diese Woche haben Österreichs Männer im Durchschnitt bereits so viel Pension erhalten, wie Frauen erst bis zum Jahresende bekommen werden. Am „Equal Pension Day“ wird diese Lücke sichtbar gemacht und die himmelschreiende Ungerechtigkeit zu Recht angeprangert.

Fakt ist, dass die weibliche Durchschnittspension mehr als 40 Prozent unter der männlichen liegt. Warum?

Frauen arbeiten durchschnittlich fast acht Wochenstunden weniger als Männer, viele von ihnen pausieren, meist kinderbedingt. Aber auch viele Frauen ohne Betreuungspflichten arbeiten häufig nur Teilzeit.

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Sie tun das natürlich nicht freiwillig. 80.000 Frauen in Österreich wollen Vollzeit arbeiten, können es aber nicht, weil entweder die Kinderbetreuungsmöglichkeiten fehlen oder die Vollzeitstellen.

Schuld trifft sie also keine, die Rechnung dafür bekommen sie in der Pension trotzdem präsentiert. Hinzu kommt, dass Frauen deutlich länger leben als Männer, allerdings oft in schlechterer Gesundheit – Stichwort Gendermedizin. Schon jetzt ist ein Arbeiten bis zum gesetzlichen Pensionsantrittsalter, das im Übrigen gerade in Halbjahresschritten angehoben wird, schlicht nicht möglich.

Klare Diskriminierung

Der von der neoliberalen Denkfabrik vorgebrachte Rat an Frauen, den Pensionsantritt einfach aufzuschieben (KURIER-Debattenseite vom 7. August), ist also nicht nur zynisch, sondern genauso realitätsfern und kann deshalb nicht ernstgenommen werden.

Vielmehr ist es für Frauen unmöglich, in Branchen wie der Pflege oder der Produktion bis aktuell 61 oder ab 2033 gar bis 65 zu arbeiten. Schon jetzt wechselt jede dritte Frau nicht aus der Erwerbstätigkeit heraus in die Pension, sondern aus der Arbeitslosigkeit oder aus dem Krankenstand.

Ohne zuvor die Arbeitsbedingungen zu verbessern, geht das Argument also völlig ins Leere. Man kann nur unterstreichen, dass Frauen in unserer Gesellschaft immer noch stark benachteiligt sind und in sehr vielen Fällen keine Chance auf eine höhere Pension haben.

Was Frauen in Österreich also sicher nicht brauchen, sind irgendwelche realitätsfernen Selbstoptimierungstipps.

Zeit für strukturelle Veränderungen

Stattdessen ist es an der Zeit für strukturelle Veränderungen und eine Politik, die auf echte Gleichstellung und auf Gerechtigkeit abzielt.

Ganz konkret: Es führt kein Weg vorbei an gleicher Bezahlung für gleichwertige Arbeit, flächendeckender und kostenfreier Kinderbetreuung und dem Aufbrechen klassischer Geschlechterrollen.

Korinna Schumann ist Vizepräsidentin des Österreichischer Gewerkschaftsbunds ÖGB