Die Außenpolitik nicht vergessen
Ein zentrales Thema fehlte im Nationalratswahlkampf fast völlig: die Außenpolitik.
Das ist bedenklich, zumal es sich Österreich als kleines, neutrales Exportland, in dem die globalen Krisen längst angekommen sind, schlicht nicht leisten kann, die internationale Zusammenarbeit und Dialogführung zu vernachlässigen.
Rekordhitze, Überschwemmungen sowie Teuerungen infolge der Pandemie und des Krieges gegen die Ukraine bringen viele Menschen in Not, geopolitische Spannungen sorgen für Verunsicherung. Obwohl sich diese Herausforderungen nur global lösen lassen, ignorierten die Parteien im Wahlkampf Österreichs außenpolitische Verpflichtungen. Die Folgen dieser Ignoranz treffen nicht nur Österreich, sondern auch unsere europäischen Nachbarn und Partner weltweit.
Eine Politik der Abschottung gefährdet die internationale Glaubwürdigkeit. Besonders besorgniserregend war der Vorstoß der FPÖ, Humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit (EZA) abzuschaffen. Herbert Kickl schlug vor, mit den Mitteln für internationale Hilfe die Hochwasserschäden in Österreich zu decken. Das würde bedeuten, die Folgen einer klimabedingten Naturkatastrophe kurzfristig mit einem Budget zu lindern, das eigentlich im Rahmen internationaler Abkommen Menschen in Krisengebieten und in Partnerländern unterstützen sollte. Diese leiden besonders unter den Auswirkungen der globalen Krisen.
Kickls populistische Rhetorik spielt Menschen in Not gegeneinander aus und missachtet die Grundwerte der Humanität und Solidarität sowie die gemeinsame Verantwortung und Handlungsfähigkeit, auf denen auch die Europäische Union basiert. Die drohende Abschottungspolitik würde an Österreichs Glaubwürdigkeit auf der internationalen Bühne sägen und die EU schwächen. Von beidem hängen letztlich unser Wohlstand und unsere Sicherheit ab.
Außenpolitik dient auch dem Eigeninteresse und erschöpft sich nicht bloß in Philanthropie. Was Parteien wie die FPÖ selbstgerecht als philanthropische Pflichtübung verschmähen, sollte tatsächlich eine Außen- und Entwicklungspolitik im aufgeklärten Eigeninteresse sein. Das haben Länder wie Deutschland und die Schweiz längst erkannt. Dafür sind Humanitäre Hilfe und EZA entscheidende Instrumente, da sie nicht nur die Symptome, sondern die Ursachen der globalen Krisen anpacken.
Es bleibt zu hoffen, dass die nächste Regierung ihrer außenpolitischen Verpflichtung nachkommt, in unser aller Interesse zu einer stabilen, friedlichen und gerechten Weltordnung beizutragen und dafür zu sorgen, dass Menschen in Sicherheit und Würde leben können. Humanitäre Hilfe und EZA stehen bereit.
Lukas Wank ist Geschäftsführer der AG Globale Verantwortung, dem Dachverband von 36 österreichischen NGOs für internationale Entwicklung und Humanitäre Hilfe.