Meinung

Die Briten gehen, Europas Probleme bleiben

Quertreiber seien sie gewesen, ewige Verhinderer, die die EU nur als Markt gesehen hätten, blind für ihre große Idee: Den Briten zum Abschied noch ein wenig schlechte Nachrede hinterher schicken – gerade jene Europa-Ideologen, die ihre Überzeugung wie ein Banner vor sich hertragen, tun das nur allzu gerne. Die Briten waren immer gut geeignet, um die eigene Zögerlichkeit und Inkonsequenz in EU-Fragen zu übertünchen. Wie weit, so die beliebte Klage, wäre man schon mit der europäischen Einigung, wenn da nicht die ach so uneuropäischen Briten wären …

Wie weit, das wird sich nun wohl herausfinden lassen. Und der gerade von neuem hochkochende Streit über die EU-Erweiterung auf dem BalkanFrankreich will davon nichts wissen – macht bereits deutlich, dass sich die EU ganz ohne London selbst blockieren kann.

Die Briten haben nie ein Hehl aus ihrer zutiefst pragmatischen Haltung gegenüber Europa gemacht. Die hatten sie schon, als man auf dem Kontinent Demokratie noch nicht einmal buchstabieren konnte. Man mag ihnen das als mangelnden Idealismus ankreiden, kann es aber auch als jene Vernunft begreifen, die andere, die pathetische Europa-Ansprachen halten, vermissen lassen. Oft wäre es ehrlicher, die eigenen, oft egoistischen Ansprüche und Erwartungen an die EU offen zu äußern. Einerseits von mehr Europa zu schwafeln und andererseits dafür immer weniger Geld ausgeben zu wollen, das wird sich auf Dauer nicht ausgehen. Eine ehrliche Debatte darüber, wo wir mit dieser EU eigentlich hinwollen, wäre überfällig. Jetzt, da uns die spröde EU-Skepsis der Briten verloren geht, werden wohl die anderen Staaten endlich einmal ihre Karten auf den Tisch legen müssen.