EU-Wahl: Gerne mehr von diesen Elefanten!
Die Zeit der Hinterzimmerdeals ist bald vorbei
über die Top-Jobs in Brüssel
Die Voraussetzungen für eine flotte, interessante Debatte waren nicht gerade ideal: Fünf Kandidaten aus vier Ländern, die auf drei Sprachen diskutieren - das hätte auch leicht schiefgehen können. Ist es aber nicht: Die Elefantenrunde der EU-weiten Spitzenkandidaten zwischen Jean-Claude Juncker (Europäische Volkspartei), Martin Schulz (Sozialdemokraten), Guy Verhofstadt (Liberale), Ska Keller (Grüne) und Alexis Tsipras (Linke) war eine gelungene Premiere.
Ja, es war nicht perfekt: Zu viele Themen, zu wenig Zeit - und natürlich bremst die Simultan-Übersetzung (Tsipras sprach Griechisch, Juncker Französisch, die anderen drei Englisch). Aber wer sich für die EU-Wahl interessiert, wer einmal einen Vergleich der unterschiedlichen Programme der großen Parteienfamilien haben wollte, bekam ihn geboten.
Das ist nicht aufzuhalten
Was in der Analyse danach, wenn es um die einzelnen Themen geht und die Frage, wer sich besonders gut/schlecht geschlagen hat, leicht untergeht: Diese Debatte war auch ein Meilenstein in der Entwicklung der europäischen Wahlen, der europäischen Demokratie. Vor ein paar Monaten war die Idee, dass die Debatte von fünf "EU-Spitzenkandidaten" live in gut 20 Länder übertragen wird, nicht mehr als das: Eine Idee. Und eine vage noch dazu - niemand konnte im Herbst sicher sein, dass überhaupt alle großen Gruppen einen Spitzenkandidaten aufstellen würden.
Wer jetzt kritisiert, dass Juncker, Schulz & Co. außerhalb ihrer Heimatländer de facto nicht beworben werden und dass man sie außerdem gar nicht direkt wählen kann, sollte bedenken: Das ist auch ein Testlauf, ein Experiment.
Funktioniert hat es, wenn sich die Idee der EU-Spitzenkandidaten, des europäischen statt nationalem, der echten Europa-Wahl weiterentwickelt. Wenn bei der nächsten oder übernächsten oder überübernächsten EU-Wahl eine europäische Debatte stattfindet und der oder die neue Kommissionspräsident/in direkt gewählt werden kann.
Eines dürfte sich schon kurzfristig ändern: Die Zeit der Hinterzimmer-Deals bei den Top-Jobs dürfte bald vorbei sein. Die Staats- und Regierungschefs werden sich schon nach dieser Wahl sehr, sehr schwer tun, einfach irgendjemanden aus dem Hut zu zaubern, anstatt die Leitung der nächsten Kommission Schulz oder Juncker anzuvertrauen.
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