Meinung

Entlastungspaket: Die Pragmatiker haben sich durchgesetzt

Fast vier Milliarden Euro ist das Entlastungspaket wert, auf das sich die Bundesregierung geeinigt hat. 1,7 Milliarden Euro davon waren bereits beschlossen worden, der Rest ist an diesem Wochenende dazugekommen. Es ist aber weniger die hohe Summe bemerkenswert, als der Inhalt des türkis-grünen Papiers.

Das beste Beispiel dafür ist die Erhöhung der Pendlerpauschale. Vor wenigen Wochen wäre es für die ÖVP noch unmöglich gewesen, eine solche Entscheidung gemeinsam mit den Grünen auf den Tisch zu legen. Deren Ideologen waren eher der Ansicht, dass Spritpreise über zwei Euro eigentlich die Regel sein müssten und die Autofahrer endlich zum Öffentlichen Verkehr hin treiben würden. Das Aussetzen der Ökostrompauschale, um die Gas- und Strompreise wieder dämpfen zu können, ist genauso ein Punkt, der den Grünen nicht schmeckt. Auf der anderen Seite konnten sie durchsetzen, dass Preissenkungen im Öffentlichen Verkehr und eine Investitionsoffensive in erneuerbare Energien wie Windkraft oder Fotovoltaikanlagen ebenso in das Anti-Teuerungspaket aufgenommen worden sind.

Möglich war das gemeinsame Papier nur, weil sich in beiden Parteien die Pragmatiker durchgesetzt haben. An der Spitze Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), deren Gesprächsbasis mittlerweile um einiges besser sein soll als unter Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Aber auch in den Kabinetten wurden die ideologischen Scharfmacher auf die Ersatzbank geschickt und die konstruktiven Verhandler in den entscheidenden Gesprächsrunden an den Tisch geholt.

Nehammer und Kogler haben es mit dem Paket in ihren eigenen Reihen ohnehin schwer genug. Kurz nach der Präsentation durch Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) gab es Proteste von Industrie über Wirtschaftskammer, Bauernbund bis hin zur Klimaschutzbewegung Fridays for Future. Den einen sind die Maßnahmen zu wenig, den anderen sind sie sozial nicht treffsicher genug. Die Sozialpartner sind überhaupt verärgert, weil sie sich nicht genug eingebunden fühlen.

All dem zum Trotz: Dieses Anti-Teuerungspaket ist der richtige Ansatz, weil es den Menschen in ihrem Alltag hilft, weil es rascher gekommen ist, als das angesichts der unterschiedlichen Welten von ÖVP und Grünen zu erwarten war, und weil es mit Augenmaß und nur befristet geschnürt worden ist. Und der finanzielle Rahmen von insgesamt rund vier Milliarden Euro kann sich sehen lassen, auch wenn es den Interessensvertretungen noch viel zu wenig ist. Es wird zudem nicht das letzte Finanzpaket sein, das notwendig ist. Wobei aber entscheidend ist, dass nicht wieder – wie zu Beginn der Pandemie – auf den Satz „Koste es, was es wolle“ zurückgegriffen wird.

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