2022 wurden mehr als 1.400 rassistische Anfeindungen gemeldet
Von Naz Kücüktekin
Die Kulisse im prunkvollen Steinsaal des Wiener Rathauses war eine schöne. Das Thema, das dabei besprochen wurde, und die Fälle, die präsentiert wurden, allerdings weniger.
„Da gibt es zum Beispiel den Fall von T., einem jungen schwarzen Mann. Er wurde vom Türsteher aufgrund seiner Hautfarbe nicht in den Klub hineingelassen. Als T. den Rassismus des Türstehers thematisierte, kam es sogar zu Handgreiflichkeiten ihm gegenüber“, schildert Ramazan Yıldız von ZARA (Zivilcourage & Anti-Rassismus-Arbeit)
ZARA ist eine Beratungsstelle für alle Betroffene und Zeugen von Rassismus oder Hass im Netz. Sie stellt bei Bedarf kostenlose juristische und psychologische Beratung zur Verfügung. Außerdem werden alle Meldungen dokumentiert und Statistiken dazu im jährlichen Rassismus-Report veröffentlicht. Betroffene können sich unter 431/ 9291399 oder der eMail Adresse office@zara.or.at an ZARA wenden
Jährlich präsentiert die Beratungsstelle ihren Rassismus-Report für Österreich. Darin werden Fälle, die an sie gemeldet und bearbeitet wurden, dokumentiert. Heuer wurde er das erste Mal in Begleitung von politischen Entscheidungsträgern präsentiert.
Als „historischen Moment“ bezeichnete das SPÖ-Gemeinderätin Mireille Ngosso. „Das Thema Rassismus ist leider vorhanden. Umso wichtiger ist es, dass man es thematisiert und zeigt, dass man es ernst nimmt“, betonte auch Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos).
1.479 Meldungen von Rassismus dokumentierte ZARA im Jahr 2022. Im Jahr zuvor waren es noch 1.977.
Die meisten gemeldeten Fälle, 999 an der Zahl, ereigneten sich 2022 online. Dahinter folgt der öffentliche Raum mit 167 dokumentierten Fällen und der Bereich Dienstleistungen und Güter, also etwa Lokale und Geschäfte, mit 134 Fällen.
Am häufigsten richteten sich rassistische Diskriminierungen oder Anfeindungen gegen Muslime und Schwarze. „Aber die Zahlen zeigen natürlich nicht das Kernproblem auf. Es handelt sich dabei lediglich um die Fälle, die bei uns gemeldet werden. Das wahre Problem, den strukturellen Rassismus, kann man nicht in Zahlen gießen“, ordnet Barbara Liegel, Geschäftsführerin von Zara, ein. Die meisten Fälle werden nicht gemeldet, erklärt Liegl weiter.
"Rassismus salonfähig gemacht"
Für viele Betroffene ist Rassismus, so sagt es auch Saška Dimić, Vizepräsidentin der HochschülerInnenschaft österreichischer Roma und Romnja (HÖR), im Grunde Alltag. „Man fühlt sich als Bürgerin zweiter Klasse. Und in Österreich ist die Situation besonders schwerwiegend“, betont Dimić.
Für Ngosso ist klar: „Rassismus wurde in den letzten Jahren salonfähig gemacht. Aber er geht uns alle etwas an. Und daher muss es auch Konsequenzen haben, wenn jemand rassistisch handelt“.
Wie das gelingen kann, hat ZARA in einem Forderungskatalog zusammengefasst. Zentrale Punkte sind Sensibilisierung, das Übernehmen von Verantwortung und die Errichtung einer Ombudsstelle.