Ihr Weg zur insektenfreundlichen Blumenwiese
Klimawandel, fehlende Lebensräume, Schadstoffe und Überdüngung haben zum besorgniserregenden Rückgang unserer Insekten geführt. Vor allem das Bienensterben erregte große Aufmerksamkeit.
Und wer kann, möchte natürlich etwas dagegen tun. Plötzlich gab es in jedem Gartenmarkt und Supermarkt Insektenhotels – einige davon wenig für die zukünftigen Bewohner geeignet. Das Insektenhotel allein macht noch kein Bienenparadies. Was fehlte, war das Futter! Die Blumenwiese sollte Abhilfe schaffen. Schnell waren die Regale im Handel mit Blumenwiesen-Samen gefüllt und auch in den Medien waren die schönsten Bilder von bunt blühenden Wiesen gezeigt. Und wer mag nicht eine schön blühende Wiese im Garten? Angeblich macht sie ja auch viel weniger Arbeit …
Genau so dachten wir uns das auch, als wir vor einigen Jahre unsere Blumenwiese angelegt haben. Natürlich wusste ich genau, wie eine unsere Blumenwiese auszusehen hatte. Nur die Natur hat ihre eigenen Vorstellungen.
Blumenwiese – die Realität
Im ersten Jahr schaut die Blumenwiese meistens genauso aus, wie Sie sich diese vorstellen oder wie sie auf den Bildern der Samenpackungen zu sehen sind. In unserer Wiese waren viele unterschiedliche Mohnblumen und noch viele andere Blümchen. Ich war begeistert. Nur die Höhe der Pflanzen hat mich etwas verblüfft. Mit der Zeit war unsere Wiese bestimmt 80 cm hoch. Viele der Blumen verblühten bald und der Marchfelder Wind hat die Stängel abgebrochen …
Kein Problem, denn im Juni / Juli soll man die Blumenwiese mähen. Nur dann ziert kein Blütenmeer den ausgewählten Platz. Es dauert schon einige Zeit, bis da wieder was wächst. Sehr bunt war die Wiese im August nicht mehr.
Im zweiten Jahr da die Blumenwiese ganz anders aus. Von der ursprünglichen Vielfalt ist nicht viel geblieben. Aber wir hatten eine wunderschöne Margeritenwiese – die Insekten haben sie geliebt. Der Sommer war leider wieder kein Hingucker.
Irgendwas müssen wir wohl falsch gemacht haben. Im Herbst hat der Gärtner eine neue Blumenwiese für uns angelegt. Unkraut raus, neuer Boden, neue Samen und Blumenzwiebel. Im Frühling war die Freude groß – Märzenbecher und Krokusse zierten unsere Blumenwiese. Auch die Mohnblumen kamen wieder. Diese Wiese war nicht ganz so bunt, wie unsere erste, aber doch sehr schön. Bis wir sie im Juni / Juli wieder gemäht haben …
Mythos Blumenwiese
In einem Webinar von Natur im Garten habe ich vieles über Blumenwiesen gelernt. Kurz zusammengefasst:
Wie Ihre Blumenwiese aussieht, hängt in erster Linie vom Boden in Ihrem Garten ab. Die schönen Blumenwiesen, wie wir sie in der Natur finden, sind Magerwiesen. Meistens sind unsere Böden jedoch von mager ganz weit entfernt. Aus einer Fettwiese eine Magerwiese zu machen – das dauert viele Jahre.
In der Blumenwiese wachsen am besten und dauerhaftesten die Pflanzen der Region. Das sind nicht nur Blumen sondern auch Gräser. Das ist auch gut so – denn das sind die Pflanzen, welche die regionalen Insekten brauchen. Es sind aber oft nicht die Blümchen, die wir gerne in unserer Blumenwiese hätten.
Wenn man seine Erwartungen an die Realität anpasst, ist eine Blumenwiese tatsächlich wenig Arbeit – aber sie braucht viel Geduld!
Die Natur malt die schönsten Blumenwiesen. Ob Narzissen im Gesäuse, Orchideen in den Donau-Auen oder saftig grüne Almwiesen - jedes Blümchen ist ein kleines Meisterwerk, alle zusammen ein wunderschönes, einzigartiges Gemälde. Nahezu unmöglich, eines davon nachzumachen.
Wie soll eine Blumenwiese aussehen?
Die verschiedenen Wiesenbilder zeigen, dass Blumenwiese nicht gleich Blumenwiese ist. Aus einer Fettwiese werden Sie keine Orchideenwiese machen können. Das dauert viele, viele Jahre bis ein nährstoffreicher Boden wieder abgemagert ist. Unkraut ausgraben, Boden abtragen und sandigen Boden auftragen funktioniert nur kurzfristig. Der regionale Boden kommt setzt sich wieder durch.
Aber es gibt ja noch viele andere schöne Blumenwiese, über die sich unsere Insekten freuen. Und darum geht es ja eigentlich. Während unserer zahlreichen Versuche, eine schöne Blumenwiese in unseren Garten zu bekommen, ist eine wunderschöne Blumenwiese ganz von selbst gekommen. In unserem „Rasen“ blüht und summt es. Die Vögel lieben unsere Wiese. Die Wiese wird zwar regelmäßig gemäht, aber viel weniger oft, als der übliche Rasen. Außerdem wird weder vertikutiert noch gedüngt. Das spart einiges an Arbeit. Und auch Wasser brauchen wir weniger. Unser „Kräuterrasen“ kommt mit der Trockenheit viel besser zurecht als englischer Rasen.
Veilchen, Gundelrebe, Löwenzahn, Gänseblümchen, Thymian, Klee und noch vieles mehr blüht in unserem Rasen. Die Blümchen sind nicht nur bei den Insekten beliebt. Auch viele Singvögel fühlen sich in unserem "Blumenrasen" wohl. Die einen mögen die Samen, die anderen die Insekten und andere Tiere wie zum Beispiel Regenwürmer, die darin leben.
Im Naturgarten findet der Mohn immer ein Plätzchen, an dem er sich ausbreitet. Die Kornblumen, Cosmea, Rainfarn, Disteln, Königskerze und Wiesensalbei breiten sich ebenfalls im Garten aus. Das ist zwar nicht immer dort, wo ich mir das gewünscht hätte. Aber es sieht schön aus und die Bienen und Insekten finden Futter. Das ist ja eigentlich das, was die Blumenwiese tun sollte.
Unsere angelegte Blumenwiese verändert sich jedes Jahr. Mittlerweile hat sich Muskatellersalbei eingefunden. Die Pimpernelle breitet sich aus. Die Kornblumen fühlen sich nach wie vor wohl. Einige Margeriten sind geblieben. Im Frühling hab ich sogar die ersten Schneeglöckchen entdeckt. Den Traubenhyazinthen gefällt es auch auf der Blumenwiese. Die ersten Königskerzen breiten sich aus. Wiesensalbei, Schafgarbe, Wegwarte, Lein, die ersten Nelken, wilde Möhre, Kornrade und viele andere Blümchen haben sich eingefunden. Wir lassen wachsen, was kommt. Nur das Berufskraut, Ackerdistel und die Quecke müssen raus - weil sie sich einfach unverschämt ausbreiten. Gemäht wird zwei Mal im Jahr – meistens im Juni und dann wieder im September. Um manche Blüten mähen wir herum, damit sie samen können und im nächsten Jahr wieder kommen.
Seit ich mich von der fixen Vorstellung einer bunten Blumenwiese verabschiedet habe, ist diese tatsächlich stressfrei. Und vor allem spannend - es gibt jedes Jahr etwas Neues zu entdecken.
Blumenwiese - so geht's
Eine richtig bunte Blumenwiese, wie Sie diese auf vielen Samenmischungen sehen, ist meistens eine einjährige Blumenwiese. Cosmeen (Schmuckkörbchen), Ringelblumen, Mädchenaugen, Kokadenblumen, Zinnien ... machen die Wiesen bunt. Diese Blumen wollen aber auf keinen Fall geschnitten werden. Mit etwas Glück bilden sie Samen und ein paar kommen nächstes Jahr wieder. Ohne weiteres Zutun werden sich aber vermutlich wieder die regionalen Gräser und (Un)kräuter ausbreiten. Oder Sie machen jedes Jahr ein neues Blumenbeet - aber das ist dann nicht unbedingt weniger Arbeit. Da wäre vielleicht ein Staudenbeet die bessere und unkompliziertere Alternative.
Eine mehrjährige Blumenwiese macht auf Dauer weniger Arbeit und ist ein Insektenmagnet für die Bienen und Käfer in Ihrer Region. Es gibt verschiedene Wege dorthin - je nachdem, wie Ihre Blumenwiese aussehen soll und wie viel Geduld sie haben.
- Der einfachste Weg
Sie lassen einfach wachsen, was wachsen will. Ohne Pflege magert der Boden ab und irgendwann finden sich neue Pflanzen ein. Diese Methoden braucht echt viel Geduld. Wir haben noch so ein "wildes Eck" im Garten. Gegen Vogelmiere, Quecke, Ampfer und Gänsefuss kann sich kaum ein Blümchen durchsetzen. Das hängt aber natürlich auch sehr von der Bodenbeschaffenheit und vom Klima ab.
- Etwas nachhelfen
Machen Sie Blumeninseln auf der ausgewählten Fläche. Dazu säen Sie punktuell ausgewählte Blumensamen, die später samen und sich so langsam das Terrain erobern.
- Blumenwiese neu anlegen
Dazu bereiten Sie im ersten Schritt den Boden vor. Das heißt, alle "Unkräuter" müssen raus. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie alle erwischen, ist relativ gering. Aber den neuen Pflanzen reicht es schon, wenn sie gut durchstarten kann. In den meisten Anleitungen für eine neue Blumenwiese wird das Abtragen des Bodens und / oder das Mischen mit Sand empfohlen. Nachdem Sie damit den Boden nicht langfristig ändern werden, können Sie das eigentlich auch gleich lassen. Auf Dauer muss die Blumenwiese mit dem vorhanden Boden zurecht kommen. D.h. Sie passen die Pflanzen einfach an die Bodenverhältnisse an. Wählen Sie eine regionale Samen-Mischung. Ihre Blumenwiese hat mehr Chancen und Sie bieten den regionalen Insekten das richtige Futter. Streuen Sie den Samen großzügig auf der unkrautfreien Fläche aus. Mit einer Walze sichern Sie den Bodenkontakt der Samen mit dem Boden. Und dann sollten Sie den Boden so lange feucht halten, bis die Samen zum Keimen beginnen.
12 Tipps für eine insektenfreundliche Blumenwiese
- Verzichten Sie aufs Düngen. Vielfalt braucht magere Böden und unsere Böden sind in den meisten Fällen zu fett.
- Nachdem der Boden abmagern soll, brauchen Sie auch nicht gießen. Die Blumen Ihrer Region kommen im Normalfall mit den Klimabedingungen gut zurecht.
- Wählen Sie Wildblumen / Samen aus der Region. Das sind vielleicht nicht die, die Sie sich vorgestellt haben. Aber es sind die Blumen, die Ihnen treu bleiben.
- Mähen Sie die Blumenwiese rechtzeitig! Das kostet manchmal Überwindung, weil es immer noch Blumen gibt, die gerade blühen. Doch nur durch rechtzeitige Mahd können Sie die Vielfalt erhalten. Normalerweise wird 1 bis 3 Mal jährlich gemäht. Bis der Boden abgemagert ist, sollten Sie zumindest im Frühjahr / Frühsommer und im Spätsommer / Herbst mähen.
- Mähen Sie nie die ganze Blumenwiese auf einmal. Das gibt den Insekten die Chance, auf andere Pflanzen auszuweichen.
- Warten Sie mit dem Mähen, bis der Tau abgetrocknet ist. Manche Insekten können müssen erst auf Betriebstemperatur kommen, damit sie sich in Sicherheit bringen können.
- Nicht tiefer als ca. 7 - 10 cm mähen.
- Damit die Samen auf der Wiesen bleiben, lassen Sie die gemähten Blumen ca. 2 Tage liegen, bevor Sie diese entfernen.
- Sammeln Sie beim Spaziergang in der Region Blumensamen von den verblühten Pflanzen am Wegrand und streuen Sie diese in Ihre Blumenwiese.
- Wenn Ihnen der Anblick der gemähten Blumenwiese nicht gefällt, suchen Sie einen Platz, an dem sie nicht stört und setzen Sie ein paar sommerblühende Stauden oder Sträucher an den Rand der Wiese. Damit versorgen Sie gleich die Insekten und haben dennoch einen schönen Ausblick von Ihrem Lieblingsplatz.
- Entfernen Sie aggressive Ackerunkräuter regelmäßig. Sie verdrängen sonst die anderen Blümchen. Wenn sich das "Unkraut" zu sehr ausbreitet, mähen Sie schon im zeitigen Frühjahr, damit die Samen der Wiesenblumen Licht bekommen.
- Bleiben Sie geduldig und freuen Sie sich an der langsam wachsenden Vielfalt.
Ob als Blumenrasen oder Blumenwiese - wir wünschen Ihnen viel Erfolg für Ihre Blumenvielfalt und viele kleine Gartenbewohner, die sich daran freuen.