Alles in orange: veganer Lachs aus Karotten
Von Anita Kattinger
Als kleines Mädchen liebte Manuela Haromy die Spaziergänge mit ihren Großeltern durch die Wiener Innenstadt. Unvergesslich sind die Besuche im mittlerweile geschlossenen Delikatessengeschäft Böhle, wo sie sich stets etwas aussuchen durfte.
Drei Jahrzehnte später entschied sich die Wienerin dazu, selbst ein Feinkostgeschäft aufzumachen – mit veganen Produkten aus aller Welt.
Das kleine Geschäft Pepper and Ginny nahe dem Stephansdom entwickelte sich schnell zur Anlaufstelle für vegane Frühstücks-Aficionados, denn Haromy verkauft einen selbst gemachten Carrot Lox – einen veganen Lachs.
Das Gericht ist nicht ihre Erfindung, sondern avancierte in den vergangenen Jahren zu einem der veganen Trend-Gerichte weltweit. Dabei handelt es sich um Karotten, die durch die Zubereitung und Form wie Lachs schmecken.
Lachs wird 48 Stunden eingelegt
"Ich habe sehr lange an der Rezeptur gearbeitet, damit sich die Textur im Mund wie Lachs anfühlt. Zuerst werden die Karotten gegart, dann hauchdünn geschnitten und mindestens 48 Stunden in einer Marinade eingelegt." Durch Algen erhalten die Karotten einen Meeresgeschmack, der täuschend echt nach Fisch schmeckt.
"Vor sechs Jahren habe ich begonnen, vegan zu kochen. Seit vier Jahren bin ich selbst Veganerin. Die Umstellung ist mir tatsächlich sehr leicht gefallen, da ich vorher schon Vegetarierin war. Aber mir ist guter Käse und Fisch sehr abgegangen", erzählt die 34-Jährige im Interview mit dem KURIER.
Auf Reisen durch ganz Europa probierte sich die ehemalige Werberin durch Spezialitäten, die sie heute in ihrer „Veinkosttheke“ hübsch präsentiert. Zu ihren Lieblingskäsesorten zählt ein Ziegencamembert aus Cashewkernen.
"Um einen authentischen Geschmack bei veganen Käsesorten herzustellen, geht es weniger um die Rezeptur als vielmehr um den Reifeprozess von Bakterien."
Wenn die Gastronomie aufsperren darf, möchte Haromy wieder ihr veganes Frühstück auf wenigen Tischen vor den Geschäften anbieten. Derzeit gibt es als Take-away panierte Shiitakepilze mit veganer Sauce Tatar sowie ihr Lachsbrot mit veganem Kaviar zum Mitnehmen, aber die Unternehmerin arbeitet bereits an weiteren Speisen mit Carrot Lox.
Hohe Nachfrage nach veganen Produkten im Homeoffice
An neuen Rezepturen mit Pilzen arbeitet auch Richard Hiel vom gleichnamigen Wiener Unternehmen. Der regionale Aspekt ist der Hauptgrund, warum Hiel mit Speisepilzen experimentiert: "Hier geht es um eine regionale Versorgung – sie können ressourcenschonend angebaut werden."
Sein Vater Peter gilt als Vegan-Pionier in Wien, der seine Firma bereits 1988 gründete. Ihre Bestseller sind ein Linsenaufstrich namens Linsenpeter sowie ein Topfen-Ersatz namens Vark aus Mandeln und Kokosfett.
Wie der gesamte vegane Lebensmittelhandel verzeichnen auch sie ein Hoch: "Den absoluten Höhepunkt hatten wir im ersten Lockdown, nach zwei Monaten nahm das Interesse wieder ab und hat sich auf einem hohen Niveau eingependelt."
Woran das liegen könnte: "Viele sind im Homeoffice, essen nicht mehr in der Kantine, die Restaurants sind geschlossen, auch das Reisen ist eingeschränkt: Es bleibt also etwas in der Kasse übrig, das in hochwertige Lebensmittel investiert wird."
Die Produktion wickeln Vater und Sohn in einer ehemaligen Fleischerei im 20. Bezirk ab: Was etwas kurios klingt, hat mit optimalen Kühlmöglichkeiten zu tun. Demnächst folgt eine zweite Produktionsstätte. "Österreich braucht mehr Lebensmitteln von heimischen Produzenten."