Lifestyle/Sommer

Geballte Schlagkraft: Wie Kampfsport das Selbstbewusstsein hebt

Rocky, Kill Bill, Shanghai Noon oder Karate Kid: In vielen Hollywood-Blockbustern sind Kampfsportarten die eigentlichen Stars. Ob die Szenen realistisch, überspitzt-sarkastisch oder humoristisch dargestellt werden, sie sind die zentralen Elemente und ziehen die Zuseher in ihren Bann. Aus unterschiedlichen Gründen: Vor allem die asiatischen Kampfsportarten begeistern durch ihre eigene Ästhetik, währenddessen Boxen fasziniert, weil der im Ring stattfindende Kampf bis zu einem gewissen Grad das Leben widerspiegelt.

„Citius, altius, fortius ist das offizielle Motto der olympischen Spiele, aber es gilt auch für die meisten Kampfsportarten“, bringt der Sportmediziner, Internist und Kardiologe Peter Schmid einen weiteren wesentlichen Grund für die Faszination auf den Punkt.

Imagewandel.

Kuntao, Jiu Jitsu, Glíma, NíGolo oder Okichitaw – die Liste der Kampfsportarten ist lang. Mehr als 100 verschiedene Praktiken sind anerkannt. Laut Definition zählen übrigens alle Varianten dazu, in denen keine Schusswaffen verwendet werden. „Kampfsportarten sind – wie der Name schon sagt – Sportarten, in denen man das Kämpfen lernt“, versucht Sportpsychologe und Kampfsporttrainer Thomas Bencsik einen gemeinsamen Nenner zu finden.

Man kämpft einerseits gegen sich selbst, indem man den inneren Schweinehund besiegt, und andererseits gegen andere, beispielsweise zur Selbstverteidigung oder im Wettkampf.


Ähnlich sieht es Peter Schmid. „Gemeinsam ist allen Kampfsportarten, dem Gegner die persönliche Überlegenheit vor Augen zu führen; diesen zu besiegen steht im Vordergrund“, sagt der Mediziner. „Aber nur bei wenigen Kampfsportarten geht es darum, durch Verletzung zu siegen. Eine Ausnahme ist etwa das Boxen, wo das Ziel ist, den Gegner durch Schläge niederzustrecken.“

Möglicherweise war der Blick auf die Kampfsportarten deshalb lange Zeit getrübt: In den Augen mancher waren diese nur etwas für Schläger. Dazu kam, dass in Europa und in den USA Technik und Körpereinsatz in den Vordergrund gerückt wurden. Sie wurden zu Wettkampfsportarten, Turniere, Punkte, Medaillen übernahmen den Hauptpart.

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„Aber gerade die asiatischen Kampfsportarten sind mit einem hohen philosophischen Anteil hinterlegt“, sagt Peter Schmid, der seit 1969 selbst Karate ausübt. „Da geht es nicht so sehr um Sieg, sondern auch um Achtung vor dem Gegner, um Ehrerbietung, Reflexion und gutes Benehmen.“ Und nicht zu vergessen: um körperliche Fitness. Bei Kampfsportarten ist reine Schlagkraft zu wenig. Wer eine von ihnen trainiert, stärkt seine Beweglichkeit, Koordination, funktionelle Kraft und Ausdauer gleichermaßen. Das erkennen immer mehr Menschen, weswegen Kampfsport gerade in Fitnesscentern boomt.

Ganzkörper-Einsatz.

Unvergessen sind die Szenen, in denen sich Sylvester Stallone alias Rocky Balboa auf seinen Wettkampf vorbereitet. Er läuft steile Treppen wieder und wieder hinauf und hüpft stundenlang Seil. Der Schweiß rinnt in Strömen. Aber Stallones Körper ist unglaublich definiert. „Wer Boxen ernsthaft betreibt, muss zwölf Runden à drei Minuten Höchstleistung bringen“, sagt Schmid.

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„Der Sportler muss eine enorme Ausdauerleistung haben, denn es entspricht zumindest einem 10.000-Meter-Lauf.“ Dazu wird Schnell- und Maximalkraft trainiert, Komponenten, die nicht bei jeder Sportart gleichermaßen gestärkt werden. Das gilt nicht nur für Athleten, die in hohen Wettkampfklassen antreten, sondern auch für Hobbysportler.

„Bei Kampfsportarten, die mit Fußtechnik agieren, werden auch Koordination und Gleichgewicht gestärkt“, so Peter Schmid. „Um mit dem Fuß überhaupt in Höhe des Kopfes eines Gegners zu kommen, muss man auch sehr flexibel sein, weshalb in fast allen Kraftsportarten das Dehnen des Bindegewebes und der gelenknahen Muskeln ein Muss ist.

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Reine Kopfarbeit.

Es gibt kaum Sportarten, die den Körper umfassender trainieren. Dazu kommt eine Komponente, der oft zu wenig Beachtung geschenkt wird. „Neben Kraft, Koordination, Ausdauer, Schnelligkeit, Taktik und Technik, wird der Kopf trainiert“, fasst Sportpsychologe Thomas Bencsik, der ein eigenes Kampfsporttraining für Frauen entwickelt hat, zusammen. „Man lernt Disziplin, Durchhaltevermögen, sich besser abzugrenzen, durchzusetzen und Rückschläge einzusetzen.“

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Psychologen betonen daher gerne, dass Kampfsport eine gute Vorbereitung für das Leben ist. Bei Thomas Bencsik trainieren etwa in Mindkick Lady Politikerinnen ebenso wie Managerinnen und berufstätige Mütter. „Diese brauchen stets einen klaren Kopf, Durchsetzungskraft und Willensstärke“, so der Sportpsychologe. „Und das wird durch Kampfsportarten gefördert.“

In diesem Zusammenhang sind auch Kurse zu sehen, die weltweit gratis Jugendlichen angeboten werden; etwa, um ihnen eine sinnvolle Beschäftigung anzubieten oder sie von der Straße zu holen. „Beim Kampfsporttraining können sie Aggressionen gezielt und kanalisiert abbauen“, betont Peter Schmid. „Psychogen und mental hebt Kampfsport das Selbstbewusstsein.“ Was beweist, dass Kampfsport nichts mit einfachem Losdreschen zu tun hat.

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