In kleinen Gruppen effektiv lernen
Von Ute Brühl
Schüler, die die Landessprache kaum beherrschen, gibt es fast überall auf der Welt. Jedes Land hat dabei seinen individuellen Weg, wie es diesen Kindern begegnet. Eigene Vorschulklassen, wie sie von Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz vorgeschlagen wurden, sind aber die absolute Ausnahme. „Die Bayern haben so etwas ausprobiert“, sagt der Bildungswissenschaftler Stefan Hopmann. „Mittlerweile haben sie es wieder aufgegeben, weil es nichts bringt.“
Einige Länder schaffen es weitaus besser, Kinder mit Sprachdefiziten zu fördern: „In Skandinavien oder Kanada sitzen diese Kinder gemeinsam mit ihren Mitschülern im Unterricht. Ergänzend gibt es für sie dann drei bis vier Mal pro Woche einen Sprachunterricht, in dem sie schulbezogene Wörter und Sätze lernen. Sie üben also die Sprache, die sie in der Schule brauchen, und zwar in Kleingruppen. Denn nur dort kann man individuell auf jeden Schüler eingehen.“ Sprachförderung brauche auch einen konkreten Ort. „Das ist die Schule.“
Kein Kind ausschließen
Wie die Schweden oder Finnen Kinder fördern, hat die Pädagogin Heidi Schrodt bei vielen Besuchen in diesen Ländern erlebt, etwa in Schweden: „Dass Kinder vom Schulbesuch ausgeschlossen werden, ist dort undenkbar. Das gilt sowohl für Schulanfänger als auch für Quereinsteiger. Letztere gehen etwa von Anfang an zum Sport- oder Werkunterricht. Parallel lernen sie Schwedisch – nach und nach werden sie in den Unterricht der anderen Fächer integriert. Wer in Schweden geboren ist, lernt die Sprache meist schon im Kindergarten. Ein System, das für alle gilt, gibt es in Schweden aber nicht. Da kann jede Schule autonom bestimmen.“
Der Kindergarten ist auch für den Bildungsexperten Hopmann der beste Platz, um Deutsch zu lernen: Dafür fehlten in Österreich aber die Rahmenbedingungen, kritisiert er. „Die Kindergartenpädagogen sind dafür nicht ausgebildet. Initiativen der Bundesregierung, die Elementarpädagogen entsprechend zu qualifizieren, gibt es leider auch nicht.“
Dabei wäre es für alle Pädagogen – nicht nur für Kindergärtner –wichtig, eine spezielle Ausbildung mit dem Titel „Deutsch als Zweitsprache“ zu haben. Davon ist die langjährige AHS-Direktorin Schrodt überzeugt. Denn Sprachförderung darf nicht mit der Vorschulzeit enden – sie muss während der gesamten Pflichtschulzeit stattfinden.
Falscher Schluss
Den Wissenschaftler Hopmann stört an der politischen Debatte Grundsätzliches: „Es wird der Fehler begangen, die Ursache für Schulscheitern ausschließlich darin zu sehen, dass die Kinder schlecht Deutsch sprechen. Das ist es aber nicht. Wenn Kinder scheitern, so liegt das an der Bildungsarmut. Ihnen fehlt zu Hause die Unterstützung und die Schule kann diese Defizite nicht ausgleichen. Migrationskinder, die außerhalb der Schule genügend Rückhalt und Ressourcen haben, haben diese Probleme nicht. Man vergisst allzu leicht, dass die einheimischen Schüler, die ,bildungsarm‘ sind, immer noch die Mehrheit unter den Kindern sind, die in der Schule scheitern.“