Leben/Gesellschaft

Wie wir leben sollen: Nachhaltigkeit

Einer muss damit anfangen, nachhaltig zu leben", sagt Andreas, 17. Doch was bedeutet "nachhaltig" überhaupt? "Mit Ressourcen und Menschen so umgehen, dass es für die nächste Generation auch noch passt", sagt der Schüler der 2A Handelsakademie Ungargasse in Wien.

Seit einem Jahr nimmt seine Klasse am Projekt "Schüler gestalten Wandel" teil. Ziel ist es, junge Menschen für Probleme wie ungerechte Belohnung oder Raubbau an der Natur sensibel zu machen. Mehr noch: Schülern soll bewusst werden, dass sie Teil der Lösung dieser Probleme sind.

Schulfrei

Als Lehrerin Christine Scholz der Klasse das Projekt vorgeschlagen hatte, waren die Schüler nicht sehr begeistert. Die 16-jährige Ayse meint ganz freimütig: "Ich hab’ zugestimmt, weil wir Ausflüge in Betriebe machen und dann Unterricht ausfällt. Das Thema interessierte mich nicht im Geringsten."

Heute ist das anders: "Wir sind sogar um 5.45 Uhr Früh in der Schule gewesen, um an diesem Tag die Schokoladenfabrik Zotter in der Steiermark zu besichtigen", erzählt sie. Auch bei REWE (Bio-Label "Ja natürlich"), dem Magazin Lebens-Art, dem Null-Energie-Haus "Boutique-Hotel" und der Obdachlosenhilfe "Neuner-Haus" waren die 17 Schüler schon. Sie diskutierten in den Betrieben, wie sie nachhaltig wirtschaften.

Kaum leistbar

Arzu, 17, erzählt selbstbewusst: "Wir informieren uns vorher und stellen dort Fragen: Wie gehen Sie mit Mitarbeitern um? Können sich arme Menschen Bio-Produkte leisten? Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Waren nicht von Kindern produziert wurden?"

Je häufiger die Schüler fragen, desto selbstbewusster und kritischer werden sie. Sehr geärgert hat sie, wenn sie nicht als ebenbürtiger Gesprächspartner wahrgenommen wurden. Andreas formuliert das so: "Wir haben etwas zu sagen. Schließlich ist es unsere Zukunft, für die jetzt die Weichen gestellt werden."

Den stärksten Eindruck hat bei den Schülern das "Neuner-Haus" hinterlassen. "Vorher waren Obdachlose für uns Menschen, die selbst schuld an ihrem Schicksal sind", erzählt Büsra, 16. "Jetzt kennen wir viele Lebensgeschichten und wissen, dass so ein Schicksal jeden treffen kann." Beeindruckt hat die Jugendlichen, wie bescheiden und selbstlos viele Obdachlose waren: "Früher dachte ich, das seien Menschen, die betteln und auf Kosten anderer leben wollen", sagt Büsra.

Öko-Hotel

Auch das Boutique-Hotel beeindruckte alle Schüler: "Die Wasser-Rückgewinnung oder die Fotovoltaik-Anlage sorgen für nachhaltiges Wirtschaften", berichtet Patrick, 17. Die Schüler selbst versuchen nun, nachhaltig zu leben: "Ich vermeide Plastik-Sackerln, spare Energie und trenne den Müll. Auch meine Eltern habe ich da schon erzogen", sagt Büsra.

Scholz, die wirtschaftliche Fächer unterrichtet, hat somit ein Ziel erreicht: "Mir ist es wichtig, Wirtschaft nicht nur von der gängigen Seite zu vermitteln. Nämlich unter der Fragestellung, wie man mit einer Firma möglichst viel Gewinn macht."

Andreas und seine Mitschüler betrachten die Welt jetzt nicht nur von einem anderen Blickwinkel. "Wir sind kritischer und selbstbewusster geworden. Und wir sind überzeugt, dass wir selber gestalten können. So gut wie die Politiker der letzten 40 Jahre sind wir da allemal."

Projekt: Schüler gestalten Wandel

Konstantinios Bitzios hat das Projekt "Schüler gestalten Wandel" ins Leben gerufen. 40 Unternehmen und 1200 Schüler in drei Bundesländern nahmen 2010/2011 daran teil.

Bitzios begründet sein Engagement: "Junge Menschen werden in wichtige Zukunftsthemen nicht eingebunden. Schüler haben aber großartige Ideen, wie Herausforderungen gemeistert werden können. " Konkret: "Die Wiederbelebung von Werten, alternative Energien, Armut und soziale Gerechtigkeit, Konsum und Ressourcenverbrauch: Zu diesen Themen sollen Schüler sich eine Meinung bilden und auch selber aktiv werden. "

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