Soja: Der Glaubenskrieg um die Superbohne
Von Barbara Beer
In österreichischen Kantinen ist es immer noch so: Wer Tofu statt Schnitzel bestellt, wird von den Kollegen komisch angeschaut. Dabei ist es schon ein Fortschritt, dass Fleisch-Alternativen jenseits von Germknödel überhaupt angeboten werden.
In Deutschland ist das anders. Dort gibt es sogar ein Tofu-Popfest. Motto: Livemusik und Veggie Food. Hinter dem Festival steckt ein Mann namens Bernd Drosihn, auch Dr. Tofu genannt. Der Bonner Tofumacher ist einer der Soja-Pioniere Deutschlands. Mit Tofu-Town, gegründet 1988, gehört der ehemalige Punk-Musiker zu den größten Soja-Produzenten Europas. Er hat zwei Fabriken, 150 Produkte, 370 Mitarbeiter und macht 60 Millionen Euro Umsatz pro Jahr mit Produkten wie Currywurst oder Cevapcici aus Tofu, der wiederum aus Soja hergestellt wird. Ein Renner also. Und das, obwohl Tofu in Deutschland bis in die 90er-Jahre hinein verboten war. „Tofu ist in jedem Lebensmittelladen angekommen. Trotzdem gibt es immer noch komische Widerstände“, sagt Drosihn. "Die Glaubensfrage sind eher vegetarische Bio Produkte als solche. Tofu ist ein, was die Welternährung angeht, sehr überzeugendes Produkt und ein Gegenmodell zu Massentierhaltung. Es stellt die Nahrungsmittelindustrie in Frage und ruft Lobbyisten auf den Plan."
Tofu-Town verarbeitet ausschließlich Bio-Soja aus Österreich, Deutschland und Demeter aus Italien. "Der Welt-Eiweißkraftstoff ist Soja und die gentechnisch veränderte, mit Glyphosat behandelte Variante landet im Tierfleisch und in tierischen Milcherzeugnissen und wenn man genauer hinschaut, landet es in Tierfäkalien. Alleine Deutschland importiert ca. 4,5 Mio Tonnen konventionelles Soja pro Jahr. Der Hunger auf Fleisch baut Soja an."
Eine Glaubensfrage
Die Sojafrage ist nach wie vor eine Glaubensfrage: Wer nicht dafür ist, ist dagegen. Zwischen Super-Bohne und latenter Umweltgefahr scheint es nichts zu geben. Nimmt der Trend zu vegetarischer und veganer Ernährung und weg vom Fleischkonsum in den Industrieländern seit Jahren zu, stagniert der Umsatz von Fleischersatzprodukten in Österreich: Zahlen der AMA zeigen, dass Ersatzprodukte für Fleisch und Milchprodukte in Summe eine geringe Rolle spielen: Nur 5,7 Prozent der Österreicher ernähren sich vegetarisch oder vegan. Und die Interessensgruppen pro und kontra Fleisch tragen ihre Argumente sehr überzeugt in die Öffentlichkeit. Fleisch und sein Ersatz sind auch eine Frage der persönlichen Weltanschauung.
Industrieller Anbau
Sind also die ernährungstechnischen Aspekte der Bohne aus der Unterfamilie der Schmetterlingsblütler durchaus positiv, so sieht die Umweltbilanz der Hülsenfrucht durchwachsen aus. „Der industrielle Sojaanbau in Teilen Südamerikas hat fraglos negative Auswirkungen auf die Umwelt (keine Fruchtfolge, Herbizideinsatz, Regenwald-Zerstörung), auf die Kleinlandwirtschaft und sogar auf die Gesundheit der dort lebenden Menschen“, sagt BOKU-Professor Johann Vollmann, Experte für Pflanzenzüchtung. Und er setzt hinzu: „Dafür kann aber die Sojabohne nichts.“ Denn es ist paradoxerweise der immer weiter steigende Hunger nach billigem Fleisch, der dazu geführt hat, dass sich die globale Soja-Produktion in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt hat.
„Der mit Abstand größte Teil des weltweit angebauten Soja wird zu Futtermitteln verarbeitet, vor allem für Schweine und Hühner. Die EU ist weltweit der zweitgrößte Importeur von Soja. 87 Prozent des importierten Sojas werden in der EU dann zu Futtermitteln verarbeitet“, kritisiert Greenpeace-Landwirtschaftssprecher Sebastian Theissing. Man benötigt also ein Vielfaches der landwirtschaftlichen Fläche, um genug Futtermittel zur Produktion von einem Kilogramm Fleisch herzustellen, als wenn man dort pflanzliche Lebensmittel direkt für den Menschen herstellt.
Als Alternative zum importierten Soja eignen sich die in Österreich z. B. im Donauraum angebauten Sojabohnen. „Sie werden sehr umweltschonend kultiviert, bereichern die Biodiversität auf den Feldern, brauchen keinen Stickstoffdünger und sind auch im Biolandbau sehr wichtig“, sagt BOKU-Professor Vollmann. Österreichische Initiativen wie Donau-Soja oder der Verein Soja haben dazu geführt, dass aus hier produzierten Bio-Sojabohnen auch lokal hergestellte Lebensmittel und auch Futtermittel auf den Markt kommen und immer mehr geschätzt werden.
Vielleicht bald auch in heimischen Kantinen.
Tofu-Kartoffel-Gnocchi mit Kräutern
Für 4 Portionen
300 g mehlige Erdäpfel,
200 g fester Tofu,
100 g Parmesan,
100 g Weizengrieß,
50 g Mehl,
1 Bund Petersil, fein gehackt,
1 Bund Basilikum, fein gehackt,
5 Zweigchen Oregano, fein gehackt,
2 Eier, verquirlt, Muskat,
Salz, Pfeffer,
Mehl zum Formen. Erdäpfel in der Schale weich dämpfen, abziehen und heiß durch die Kartoffelpresse drücken. Auf einem großen, flachen Teller verteilen und ausdampfen lassen. Tofu durch die Kartoffelpresse drücken. Erdäpfel, Tofu, 50 g Parmesan, Grieß, Mehl, Petersil, Basilikum, Oregano, Eier, eine gute Prise Muskat, Salz und Pfeffer zuerst mit dem Rührlöffel gut vermischen. Dann mit den Händen zu einem geschmeidigen Teig kneten. Wenn der Teig zu klebrig ist, noch etwas Mehl einarbeiten. Aus dem Teig auf einer bemehlten Fläche Rollen mit ca. 2 cm Durchmesser formen. Davon 1 cm dünne Scheiben abschneiden. Die Scheiben im Mehl wenden. Damit die typische Gnocchiform entsteht, die Teigscheibchen auf einem Gnocchibrettchen etwas flach drücken und aufrollen ( oder die Teigscheiben leicht über einen Gabelrücken drücken). Gnocchi in leicht kochendem Salzwasser ca. 5 Minuten ziehen lassen. Gnocchi mit dem Schaumlöffel aus dem Topf heben. Nicht zu viele Gnocchi auf einmal garen. Portionsweise mit gebratenen Paradeisern anrichten, mit dem restlichen Käse bestreuen.
Alibaba-Tofu mit Granatapfel
Für 4 Portionen
250 g halbfester oder fester Tofu in kleinen Würfeln,
2 EL passierte Tomaten,
2 TL Sojasoße,
½ TL brauner Zucker,
1 Knoblauchzehe, gepresst,
1 TL Ingwer, fein gerieben,
½ TL Kreuzkümmel,
½ TL Koriander,
½ TL Kurcuma, Muskat,
1 EL Öl Salz,
1 Granatapfel, Kerne ausgelöst,
4 Salatblätter.
Tofu in eine kleine Schüssel geben. Passierte Tomaten, Sojasoße, braunen Zucker, Knoblauch, Ingwer, Kreuzkümmel, Koriander, Kurcuma und Muskat verrühren. Tofu mit der Marinade vermischen und im Kühlschrank eine Stunde ziehen lassen. Das Öl in einer beschichteten oder gusseisernen Pfanne erhitzen. Den Tofu darin unter Rühren anbraten und mit Salz abschmecken.Tofu mit den Granatapfelkernen vermischen. Portionsweise auf die Salatblätter geben und auf Cous Cous Salat anrichten. (Cous Cous Salat: Couscous mit Knoblauch, Petersil, Frühlingszwiebeln und Minze abgeschmeckt mit Zitronensaft, Salz und Pfeffer).
Buchtipp: Die Rezepte und Fotos sind aus dem Buch „120 vegane und vegetarische Rezepte mit Tofu, Sojacreme & Co“, Elisabeth Fischer, Kneipp Verlag.