RunNa: 10k. Die wirklich härteste Challenge meines Läuferlebens
„Und, wann läufst du den nächsten Marathon?“ Die Frage habe ich in den vergangenen Monaten häufig zu hören bekommen. „Erst im Herbst.“ „Und davor gar nichts?“ „Doch. Beim Frauenlauf bin ich dabei.“ „Wie viele Kilometer sind das?“ „Zehn.“ „Ach so, nur zehn. Na das ist ja für dich nichts. Das schaffst du ja mit links.“ Aha. Haha.
15 Wochen. Als ich gerade nachgezählt habe, konnte ich es selbst nicht glauben. Seit 15 Wochen trainiere ich nun schon für mein erstes Highlight in diesem Jahr, die 10k Challenge beim Österreichischen Frauenlauf am 27. Mai im Wiener Prater. 15 Wochen voller… ja was denn eigentlich? Blut, Schweiß und Tränen? Naja, nicht ganz.
„If it doesn’t challenge you, it doesn’t change you.“ Unter diesem Motto hatte ich mich Anfang Jänner für die 10k Challenge beworben. Ziel: Schneller werden auf den, mir so verhassten, kurzen. An der (für mein Gefühl nicht vorhandenen) Grundgeschwindigkeit arbeiten und diese fürs kommende Marathontraining mitnehmen. Eine neue PB soll am 27. Mai her. Sprich, alles um die 48 Minuten und ich bin im grünen Bereich. Und nun? Was hat sich in dieser Zeit getan? War es eine Challenge oder schaffe ich die zehn Kilometer eh locker, wie ich so oft zu hören bekommen habe?
„Namaste oder die härteste Challenge meines Läuferlebens“ hatte ich im November bei meiner Yoga-Challenge getitelt. Als die wohl unbeweglichste Frau auf diesem Planeten waren die 20 Klassen in 30 Tagen wirklich eine Herausforderung. Wie bei so Vielem, das ich mir in den Kopf setze, kam auch da ganz schnell der Ehrgeiz durch und ich wurde zur fleißigen Yogini. Herabschauender Hund und Krieger wurden beinahe zu meinen täglichen besten Freunden. Geworden sind’s letztendlich 26 Klassen in 30 Tagen und am Ende grinste ich wie ein Hutschpferd.
Auf und Ab
Den Titel von damals für meine Yoga-Challenge müsste ich heute, 15 Wochen nach dem 10k Training, eigentlich revidieren. Denn „die härteste Challenge meines Läuferlebens“ war nicht das Verbiegen und Verrenken zu Flip the Dog, sondern das Arbeiten an der fehlenden Laktattoleranz, die mich des Öfteren einmal Sternderl schauen oder den Magen flau werden ließ.
2 x (8 x 400), 25 x 200, 400 + 16 x (2‘ + 2‘) oder 500 + 10 x (4‘ + 4‘). Wer glaubt, ich stelle an dieser Stelle ein paar mathematische Formeln auf, irrt. Dabei handelt es sich um ein paar Gustostückerl meines Trainings in den vergangenen Wochen. „Wer schnell laufen will, muss schnell laufen können“, heißt es. Also geht scho, gemma Voigas! Gustostückerl meine ich an dieser Stelle wirklich ernst, denn es waren Einheiten, die recht gut liefen. Das Gas geben richtig (ja wirklich!) Spaß machte. 400er in 1:40 – geil! Der Klassiker 20 x 400 war im Marathontraining bisher auch immer Programm. Mit einem gravierenden Unterschied: Nicht so schnell!!! Drei Rufzeichen. Denn Marathontraining ist anders. Und das ist gut so ;-)
Und dann gab es Einheiten, bei denen es alles andere als gut lief. Ich mir die Zähne daran ausbiss, die Vorgaben von Trainer Mike auch nur annähernd hinzubekommen. Es war ein Auf und Ab. Mal lief es hervorragend, mal kam ich nicht einmal annähernd auf die Pace, die im schlauen Plan angegeben war. Dazu kam, dass es Mike besonders gut mit mir meinte und mich auf eine Zielzeit von 45 Minuten hintrainieren ließ. Da standen dann so Sachen wie 10 x 800 in 3:20 oder 7 x 1000 in 4:20. Ich fühlte mich wirklich geehrt, dass mein Coach so an mich glaubte, doch wusste von Anfang an, dass ich schon mit meiner Zielzeit von rund 48 Minuten ordentlich Gas geben musste, um diese auch tatsächlich zu erreichen. Denn nach gut dreieinhalb Jahren strukturiertem Training kenne ich meinen Körper. Und der sagt: Schnell ist der Tod! Ich ringe nach Luft, die Lunge brennt, die Beine nach noch nicht einmal zwei Kilometern bleischwer. 45 Minuten also? Haha. Somit wurde ich nicht nur ordentlich gefordert, sondern teilweise auch überfordert.
Stärken und Schwächen
An dieser Stelle soll auch jener Mann zu Wort kommen, dem die 10k Challenge Frauen vertrauen: Michael (Mike) Koller von der Sportordination. In den 15 Wochen war er nicht nur Trainer, sondern auch Mentalcoach. Das Auf und Ab beim Training spiegelte sich in Nervosität wieder, die mir Mike zu nehmen versuchte. Vor allem vor und nach der Generalprobe, dem Frauen Fun Run Anfang April, der zum Desaster wurde, konnte ich auf seine aufbauenden Worte zählen. Ich wurde bestärkt, gelobt, meine Stärken wurden betont. Vielen Dank an dieser Stelle!
Doch was sind eigentlich meine Stärken? „Du hast eine sehr solide aerobe Basis, jedoch deutliche Defizite in der Laktattoleranz und im Stehvermögen. Deine VLamax ist mit 0,13mmol/l/s sehr niedrig“, erklärt er. Ah ja. Was mir gar so zu schaffen macht, habe ich nun also auch schwarz auf weiß. „Du bist die geborene Langstreckenläuferin. Mit der 10k Challenge hast du dir selbst eine harte Aufgabe gestellt, da bei dir auf keinen Fall gilt, dass kürzere Wettkämpfe angenehmer sind.“ Und wie in den vergangenen 15 Wochen, bekomme ich wieder Lob: „Du hast das Training sehr gut umgesetzt“, aber auch eine Anregung zum Nachdenken: „Manchmal hast du dich vom Tempo und von den Intensitäten verunsichern lassen. Gelegentlich hat sich die Unsicherheit als nichtig herausgestellt und du hast das oft harte Training locker umsetzen können und auf der anderen Seite hast du dir dann bei scheinbar einfachen Einheiten die Zähne ausgebissen. Deine Selbstreflexion passt hier sehr gut, als du mir gesagt hast dein Kopf ist der größte Gegner.“
Der Geist ist schwach
Mein Kopf. Oh ja. „Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach“ sollte in meinem Fall eher heißen „die Beine sind willig, aber der Kopf ist schwach“. Oft. Zu oft. Wie bereits erwähnt, habe ich einen Hang zum Perfektionismus. So wie ich mir das in den Kopf gesetzt habe, muss das funktionieren. Basta. Tja, Mike machte mir da einen gehörigen Strich durch die Rechnung. So feilte ich in den vergangenen 15 Wochen nicht nur an meiner Laktat-, sondern auch Frustrationstoleranz. 10 x 800 in 3:20. Theoretisch ja eh. Praktisch ach nee!
Ich bin die geborene Langstreckenläuferin hat Mike gesagt. Warum eigentlich? Ist das angeboren, dass ich beim schnellen Laufen gar so leide? Kämpfe ich sozusagen auf den Kurzen gegen Windmühlen mit viel Investition und wenig Lohn? „Ja, zum Teil ist es angeboren oder besser gesagt hast du die physiologische Struktur, sprich Muskelfaserverteilung, dafür von den Eltern mitbekommen. Schnelligkeit lässt sich nicht so einfach aufholen“, sagt Sportwissenschaftler Mike. Aber er gibt mir Hoffnung: „Das was dir fehlt ist die anaerobe Kapazität Tempohärte, die Laktattoleranz und die kann man schon trainieren. Das Training ist hart und kostet viel Überwindung. Wie schnell sich diese Fähigkeit entwickeln lässt, kann man nicht seriös beantworten. Eigentlich geht es relativ schnell, also binnen drei bis vier Monaten geht schon was weiter. Man sieht es auch bei dir, du hast teilweise beim Training echt gute Leistung geboten.“
Was nehme ich mit?
Das Training ist hart und kostet Überwindung. Hm ja eh. Es ist ja nicht so, dass ich harte Trainings nicht kenne. Meine bisherigen Marathonpläne waren auch kein Honigschlecken. Wer meinen ehemaligen Trainer kennt, weiß das ;-) Es hakt wohl wirklich am Laktat. Ich bin zu schnell blau. Nämlich so richtig. Game over. Rien ne va plus.
„Für die Zukunft würde ich dir raten immer wieder in kurze Distanzen zu investieren und hier die Challenge zu suchen. Marathonlaufen ist eine Bank für dich und du wirst beim Marathon über das Unterdistanztraining am meisten gewinnen“, gibt mir Mike mit. Hm. Ja, da hat er wohl recht. Egal wie die 10k Challenge für mich ausgeht, was ich in jedem Fall mitnehme ist, dass mir richtig schnelles Laufen auch Spaß macht. Nicht immer, aber immer öfter. Dass ich um die 4:00 laufen kann, wenn ich will. Wenn auch nur kurz, aber es geht. Dass sich das super anfühlt. Und dass es sogar noch viel schneller geht: 100 Meter all out, alles was geht, hat mir Mike beim Feldtest ganz zum Schluss, als ich eigentlich schon müde war, aufgetragen. Es hat sich ein bisschen angefühlt wie fliegen. Diese 19 Sekunden. Die schnellsten 100 Meter ever. Vielleicht sollte ich Sprinterin werden. Das tut nämlich nur kurz, ganz, ganz kurz weh.
Eine Woche noch. Dann ist es soweit. Der 27. Mai ist zum Greifen nah. Wie bereits vergangene Woche erwähnt, ist mein Start leider ein bisschen am Wackeln. Mal schauen. Der Feldtest vor gut zwei Wochen sagt jedenfalls, dass ich gut trainiert habe. Die PB zu knacken ist. 47:30 sollten demnach möglich sein. Das wären rund eineinhalb Minuten zu meiner jetzigen PB. Sollte. Für eine PB muss schließlich alles passen. Starke Beine und vor allem auch ein starker Kopf. Letzterer hat im Moment andere Sorgen. Aber das ist eine andere Geschichte.