Leben/Gesellschaft

Royals und die hohe Kunst der medialen Inszenierung

Einst waren unsere Omas Expertinnen für Europas Königshäuser. Heute folgen unsere Töchter Kate und Meghan auf Instagram. Wie konnten Prinzessinnen cool werden?

Ein Hauptfaktor ist die Sucht, die sich nach den bunten Gazetten (den Lesezirkel mit Abos von u.a. Gala, Neue Post und Bunte gibt es noch immer!) neue Kanäle in den sozialen Medien gesucht hat.

Grundsätzlich ähnle das Interesse an den Royals dem Interesse an Soaps und Reality TV, sagt Kulturforscherin Julia Lajta-Novak. Bei den Triumphen, Problemen und Skandalen anderer komme ein Suchtfaktor ins Spiel, den Medien gerne bedienen: Die Mikro-Narrative des Boulevards über die Königsfamilie haben Episodencharakter. Die Vorbildfunktion der Herzoginnen Meghan und Catherine fuße auf „großer kultureller und medialer Sichtbarkeit“, an die man verschiedenste Diskurse anknüpfen kann – sogar feministische. „Als die Herzogin von Cambridge bereits sieben Stunden nach der Geburt ihres dritten Kindes wieder frisch und schön vor die Fotokameras trat, erntete sie nicht nur Bewunderung, sondern – ebenfalls viel beachtete – Vorwürfe, dass sie damit die Schmerzen und Strapazen von gebärenden Frauen quasi ,überschminkt’ und damit unsichtbar gemacht hat.“ Eine solche Kritik mache die exemplarische Funktion der Herzogin deutlich und auch den Nutzen, den verschiedene Gruppen medial aus ihrer Bekanntheit ziehen können.

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Über Berühmtheiten wie die Royals lassen sich verschiedenste Anliegen verhandeln. „Damit ergibt sich eine starke Rückkoppelung: große mediale Beachtung führt zu noch größerer medialer Beachtung.“

Aber nicht nur die Triumphe der Royals beschäftigen die Menschen, sondern auch die hässlichen Seiten („Kate Middleton ungeschminkt!“). „Dieses Wechselspiel von Identifikation und Distanzierung ist typisch für unseren Umgang mit Celebritys. Wir wollen sie auf einem Podest sehen, reich, schön, unerreichbare ,Stars’ – in einem Traumleben, das wir uns selber wünschen. Und wir wollen sie von diesem Podest stürzen, wollen sehen, dass sie Menschen sind wie wir. Daher wird auch jeder kleine Schminkfehler, jeder Fauxpas medial aufgegriffen und breitgetreten. “

Es regnet "Likes"

Seit einigen Jahren nehmen die Mitglieder der Königsfamilie das Zepter der medialen Darstellung selbst in die Hand und beweisen dabei durchaus Geschick – allen voran Herzogin Meghan, die in ihrem bürgerlichen Leben als Schauspielerin selbst einen Lifestyle-Blog besaß. Ihr gemeinsamer Instagram-Kanal mit Harry wurde binnen sechs Stunden mehr als eine Million Mal abonniert, aktuell steht @sussexroyal bei fast sechs Millionen Fans. So wie Catherine und William (@kensingtonroyal, 8 Millionen Abonnenten) nutzen die Sussexes ihre Internetpräsenz, um für  Sozialprojekte zu werben. Als Belohnung erhält die virtuelle Gefolgschaft  Einblicke ins private Fotoalbum.  Und die Masse giert  nach dem Blick durchs Schlüsselloch: Eine Million „Gefällt mir“-Angaben für neue Bilder der putzigen Königskinder George, Charlotte und Louis sind keine Seltenheit.

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„Perfekt wie in keinem anderen Königshaus wurden mediale und königliche Inszenierung miteinander vermählt“, analysiert Medienbeobachter Jo Groebel. „Das Tolle ist, dass in dieser gigantischen Familienshow durch neue Personen immer frischer Wind reinkommt. Bei Kate und Meghan wird die Fantasie bedient, dass es auch Bürgerliche  in den Palast schaffen können.“

Auch Fan-Seiten  schießen wie Schwammerln aus dem Boden. Auf ihrem Blog „What Kate Wore“ dokumentiert Ex-Journalistin Susan E. Kelley penibel jedes  Outfit der modeaffinen Herzogin, Ableger über deren Kinder und Meghan folgten. Werden die Stilikonen in einem halbwegs leistbarem Kleidungsstück abgelichtet, ist dieses in der Regel binnen Stunden ausverkauft.

Das Griss um royales Bildmaterial hat auch gute Seiten:  Die alleinerziehende Mutter Karen Anvil schoss vor  einem Jahr als Zaungast ein Foto von Kate, William sowie dem damals frisch verlobten Paar Harry und Meghan  auf dem Weg zur Weihnachtsmesse. Die Aufnahme der in Anlehnung an die Beatles „Fabulous Four“ genannten Jung-Royals brachte der Britin bis dato 40.000 Pfund ein. Mit dem Geld will sie die Ausbildung ihrer Tochter finanzieren.