Leben/Reise

Zwischen Pyramide und UFO: Mit dem alten Skoda durch Bratislava

Der graublaue Škoda 120, Baujahr 1988, ächzt die Straßen der „Beverley Hills“ von Bratislava Richtung Kriegerdenkmal Slavín nach oben. Während er das Gaspedal durchdrückt, fragt sein Fahrer Peter die Passagiere: „Wie nennt man einen Škoda, der bergauf fährt?“, und sagt: „ein Wunder.“

Peter, Mitte dreißig, stets die braune Chauffeursmütze auf dem Kopf, fährt mit seinem Škoda Touristinnen und Touristen durch die kommunistische Vergangenheit der slowakischen Hauptstadt an der Grenze zu Österreich. Er führt am Manderla vorbei, dem ersten Hochhaus, zeigt den ersten Plattenbau – heute wohnen fünfzig Prozent der Bratislavaer in solchen Wohnhäusern – und fährt an der umgekehrten Pyramide des Slowakischen Rundfunks vorbei. Während der Motor seines Škodas vor sich hinstottert, erzählt er aus vergangenen Zeiten.

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Er erklärt, dass der Architekt der umgedrehten Pyramide, Štefan Svetko, zur Einweihung des Gebäudes nicht eingeladen wurde, nachdem er die Bauzeit absichtlich in die Länge gezogen hatte, um der kommunistischen Regierung das Leben schwer zu machen – sechzehn Jahre dauerte der Bau. Und Peter erzählt, wie über den Abriss des sowjetischen Kriegerdenkmals Slavín diskutiert wurde und dass man sich wegen des Andenkens an die Toten in den Massengräbern auf dem Platz dagegen entschied.

Blick ins entspannte Österreich

Peters enge Verbindung zur Vergangenheit Bratislavas beweist der Beutel voller Erinnerungsstücke auf dem orangen Rücksitz seines Škodas: Kofola und andere Limonaden aus dem Kommunismus, einen Wimpel von einem Gymnastikevent, eine Erdnusswaffelschnitte. Peter erinnert sich: „Als Kind habe ich von Devin aus die March gesehen. Auf slowakischer Seite die Soldaten mit den Waffen, auf österreichischer Seite Zivilisten mit ihren Angeln.“

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Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs hing Peter als Teenager mit Freunden auf dem Námestie slobody ab, dem Freiheitsplatz. Die Kommunisten hatten den fünf Hektar großen Platz für Truppenübungen genutzt. Peter parkt seinen Škoda in der Einfahrt der Landesregierung im Halteverbot und kramt einen Bildband aus dem Beutel. Er präsentiert eine schwarz-weiße Doppelseite: der Freiheitsplatz voller Soldaten und Panzer. Der riesige Brunnen in Form einer Lindenblüte, ein Nationalsymbol, der heute in der Mitte des Platzes steht, entstand während des Kommunismus. „Družba“ – Freundschaft heißt der Springbrunnen und wiegt zwölf Tonnen. Er ist einer der Ausläufer des Baubooms in Bratislava, der in den Sechzigern begann. Von Österreich sieht man das bekannteste Beispiel: Petržalka, die Planstadt mit ihren Plattenbauten, in die sich Peters Škoda perfekt einfügt, wurde für 80.000 Menschen gebaut und ist bis heute der bevölkerungsreichste Stadtteil.

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Peters Škoda rattert über die Most SNP, die Brücke, deren UFO-Turm aus 1972 zum Wahrzeichen Bratislavas wurde. Die Autobahn, die auf ihr verläuft, ist ein weiteres Erinnerungsstück des Kommunismus. Sie schlägt eine Schneise durch das Herz der Altstadt. Peter biegt ab in seine Nachbarschaft unter Slavín, die schon die seines Vaters war. Auch er war in einem Škoda 120 unterwegs, damals im Kommunismus.

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Klimafreundliche Anreise  
Ab Wien fahren die ÖBB stündlich zum Hauptbahnhof von Bratislava oder zum Bahnhof Petržalka, oebb.at

Übernachten
– Radisson Blu Carlton Hotel: Perfekte Ausgangslage im Stadtzentrum, geschichtsträchtiges Gebäude und reichhaltiges Frühstücks- buffet ab 124 € p. P., radissonhotels.com
– Arcadia Boutique Hotel:  Verstecktes Hotel mit  glasüberdachtem Renaissance-Innenhof, ab 80 € p. P. : arcadia-hotel.sk

Kommunismus-Tour
Die Tour von Peter Chrenka im originallackierten Skoda 120 1,2 l, Baujahr 1988, dauert zwei Stunden und kostet 29 € p. P.
authenticslovakia.com

Ausflüge
– Das UFO:  Auf achtzig Meter Höhe über der Most- SNP-Donaubrücke  befindet sich  ein Restaurant mit Café und Aussichtsplattform, u-f-o.sk/de/
– Národný Salón Vín: Der nationale Weinsalon beherbergt die hundert besten slowakischen Weine in einem Altstadtkeller. Geführte Verkostungen mit Sommelier oder hundert Minuten mit 72 verkostbaren Weinen, salonvin.sk/de

Reisetipps

visitbratislava.com/de