Daheim beim Chrischdkindle: Rothenburg ob der Tauber im Advent
Von Stefan Hofer
Santa Claus lebt ja am Nordpol (sagen Amerikaner) oder in Lappland (meinen Finnen). Doch wo wohnt unser liebes Christkind? In D-91541 Rothenburg ob der Tauber – womöglich. Die Chancen stünden jedenfalls gut, dass es sich hier niederließe, die Infrastruktur im märchenhaften Städtchen ist ideal für das Advent-Business.
Die Altstadt glänzt mit Fachwerkhäusern, prächtigen Patrizierhäusern, gotischen Kirchen und einem gut erhaltenen und begehbaren Stadtmauerring. Das Chrischdkindle, wie die Franken sagen, ist beim Herumstreifen in den verwinkelten Kopfsteinpflastergassen aber nicht auffindbar. Das Plönlein – das Fachwerkhäuschen war Walt Disneys Inspirationsquelle für die Kulisse im Film „Pinocchio“ – hat auch kein Klingelschild mit Herr oder Frau Christkind an Tür.
Unterwegs mit dem Nachtwächter
Ein Experte, der mehr über den Verbleib wissen könnte, ist Hans Georg Baumgartner. Er geistert seit Jahrzehnten allabendlich durch die Altstadt, erzählt als Nachtwächter Touristen von den „harten, alten Zeiten“, von der Pest und dem Dreißigjährigen Krieg, der Mittelfranken nicht verschonte. „Glauben Sie mir, im Mittelalter hätten Sie nicht leben wollen.“ Mit blonden Locken, grauem Bart, schwarzem Umhang, Hellebarde, Signalhorn und Lampe scheint er direkt aus der Vergangenheit zu kommen, hängt man als Zuhörer an seinen Lippen. Doch wo das Christkind ist, das weiß auch er nicht.
Abertausende Lichter
Vielleicht im Weihnachtsdorf? Das gibt es. In der zentralen Herrngasse weist ein riesiger Nussknacker den Weg zu Käthe Wohlfahrt. Ob kreativ oder kitschig: Das Familienunternehmen verkauft seit 1964 alles, das in die Rubrik Weihnachtsdekoration fällt: Christbaumbehang aus Glas, Holz und Zinn. Musikdosen, Nussknacker und Räuchermännchen, die nach Bratapfel, Mandel oder Lavendel duften. Und fast alles davon ist Made in Germany. Die Stille Nacht, die endet hier niemals.
Mitten in diesem Indoor-Weihnachtsdorf, wo Tausende LED-Lichterl die Christbäume schmücken, führt eine Stiege in das ganzjährig geöffnete „Deutsche Weihnachtsmuseum“, nahmen doch viele Adventtraditionen in Deutschland ihren Ausgang. Wann und warum wurde der Christbaum populär, welche Ziertechniken bei Glasschmuck gab es, und warum lösten Kerzenhalter (1867 patentiert) Öllämpchen ab – das erfährt man hier. Doch das Christkind versteckt sich hier nicht.
Christkindlesmärkte
Auch auf den Christkindlesmärkten in den fränkischen Städten Bayreuth und Nürnberg wurde es noch nicht leibhaftig nicht gesichtet. Selbst der Duft frisch zerstoßener Gewürze beim Lebkuchen-Backkurs in Nürnberg lockt es nicht an.
Lebkuchen backen
Schnellkurs im Kochstudio "coo kionista" in Nürnberg
Zurück im beschaulichen Rothenburg ob der Tauber, endet der Rundgang mit dem Nachtwächter am Marktplatz. Auf die Frage, ob er mal pausiere, sagt er: „Ja, Anfang des Jahres. Da bin ich meist in Thailand.“ Dann verschwindet er in der Dunkelheit. Vielleicht ist das Christkind einfach noch auf Urlaub. Wer weiß.
Klimafreundliche Anreise
Mit dem Zug von Wien nach Nürnberg, weiter mit Regionalzügen nach Rothenburg in 5:44 Std. oebb.at
Adventmärkte
Sowohl der Reiterlesmarkt in Rothenburg ob der Tauber als auch der Christkindlesmarkt in Nürnberg starten am 25.11., der Christkindlesmarkt in Bayreuth am 21.11.
Tipp
Die Nachtwächterführung mit Hans Georg Baumgartner in Rothenburg ist sehenswert! rothenburg-tourismus.de
Übernachten
– Rothenburg: Hotel Rappen, hotelrappen.de
– Nürnberg: 4*-Hotel Victoria, hotelvictoria.de
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