Nicht jeder Streit muss vor Gericht landen
Von Ute Brühl
Wenn zwei sich streiten, braucht es manchmal einen Außenstehenden, der vermittelt. Immer häufiger übernehmen professionelle Mediatoren diese Aufgabe. Experten aus Deutschland, der Schweiz und Österreich haben sich diese Woche zu einem Austausch getroffen. Über ihre Arbeit berichteten sie bei einer Pressekonferenz am Donnerstag.
Besonders gefragt sind Mediatoren bei Scheidungen und Nachbarschaftsstreitigkeiten. In diesen Fällen sieht der Gesetzgeber sogar eine verpflichtende Mediation vor und kann so Rosenkriege vermeiden, wie Familienrichterin Doris Täubel-Weinreich berichtetet. Trennen sich Eltern, so hat das Gericht z. B. die Möglichkeit, die Familiengerichtshilfe einzubeziehen, die kostenlos ist: "In fünf bis sieben Terminen werden dabei gemeinsame Lösungen erarbeitet. Danach gibt es zwar noch kein Ergebnis, aber die Gesprächskultur ist eine bessere."
Dass es um die oft gar nicht gut bestellt ist, weiß KURIER-Familycoach Martina Leibovici-Mühlberger nur allzu gut. In ihrer Praxis für Erziehungsberatung hat sie oft mit Paaren in einer Trennungssituation zu tun: "Da geht es ums Eingemachte. Ein Lebenstraum geht verloren. Und dann wird noch sehr Intimes preisgegeben. Das schmerzt." Die Kinder sind oft Mittel, um die Interessen von Vätern oder Mütter durchzusetzen und um sich am Partner zu rächen. "Wir, als Mediatoren, müssen die Interessen des Kindes vertreten. Es hat das Recht auf beide Elternteile. Unser Ziel ist es, eine Lösung zu finden, mit der alle gut leben können."
Beraten und vermitteln
"Manchen Menschen ist ein Mediator, der völlig neutral ist, zu wenig. Sie wollen einen Berater", sagt die Juristin Eva Wexberg: "Ein Verfahren, das aus den USA kommt, nennt sich Collaborative Law, kurz CL." Dabei agieren ein Anwalt und manchmal noch ein Finanz- oder ein Kindercoach, der versucht, die Bedürfnisse der Kinder herauszufinden. "Eltern sind oft überrascht, was ihr Sohn bzw. ihre Tochter wünscht. Oft reicht dafür eine Sitzung", sagt Wexberg.
Die Anwältin weiß aus Erfahrung, dass eine außergerichtliche Lösung meist die bessere ist. Richter Leopold Popp bestätigt das: "Mediation erspart Nerven, Kosten und Ärger."
Der Weg zu einer Einigung ist oft sehr lang – vor allem, wenn zuvor jahrelang gestritten wurde. Dann ist jegliches Vertrauen in den Partner verloren gegangen und der Vater (in selteneren Fällen die Mutter) darf das Kind nicht mehr sehen. Über eine Möglichkeit für ein Treffen auf neutralem Boden berichtet Christine Laimer vom Familienbund. Dieser organisiert Besuchercafés, wo Sozialarbeiter anwesend sind, während ein Vater sein Kind wieder sehen darf. 250 Familien werden derzeit so betreut. Der Nachteil: "Das kostet 48 Euro die Stunde. Wir haben zwar einige geförderte Plätze, doch die sind bis Juni aufgebraucht. Wer danach kommt, zahlt voll."