Auf Du und Du mit dem E-Bike
In der Nacht hat es in der nö. Marktgemeinde Sollenau noch einmal ordentlich geregnet. Der Asphalt auf dem Parkplatz der Freiwilligen Feuerwehr ist noch feucht. Somit gar keine schlechten Bedingungen für den E-Bike-Sicherheitskurs des ÖAMTC.
Dieser Kurs richtet sich an alle, die jetzt auf ein E-Bike umsteigen und sich damit nicht gleich um den nächsten Baum wickeln möchten.
„Einen guten Morgen“ wünscht Ellen Dehnert vom ÖAMTC den sechs Damen und zwei Herrschaften vom örtlichen Pensionistenverband mit einem fröhlichen Lächeln. In den vergangenen acht Jahren hat Dehnert mehr als fünfzig solcher Kurse geleitet. Sie betont daher zu Beginn, dass die Sicherheit für E-Bike-Quereinsteiger „von größter Bedeutung ist“.
Ihre Sorge fußt auf ihren beruflichen Erfahrungen. Bestätigt wird sie auch durch die anfängliche Verzagtheit in manchem Kursteilnehmergesicht. Noch sind einige mit ihrem fahrbaren Untersatz sprichwörtlich per Sie.
Zuerst langsam schieben
Was beim Helm-Check vorab auffällt: Sechs von den acht Teilnehmern tragen ihren Radhelm falsch, was laut der Übungsleiterin, die darauf achtet, „leider Standard ist“.
Behutsam, Schritt für Schritt führt Ellen Dehnert in die Technik des E-Fahrrad-Navigierens ein: Zu Beginn werden die Räder geschoben, dann dürfen die Teilnehmer aufsteigen und losfahren, allerdings vorerst noch ohne Unterstützung ihres Motors.
Wer kein eigenes E-Bike besitzt, kann vom Mobilitätsclub eines ausleihen. Auch die Kursteilnahme ist übrigens gratis.
Bei der nächsten Übung gilt es, sich so langsam wie möglich einer roten Ziellinie zu nähern. Dabei zeigt sich, dass das Gleichgewichthalten auf dem schweren Fahrrad gar nicht so einfach ist.
Hans-Michael Putz, der Obmann der Pensionisten, ist voll in seinem Element. Hört gut zu, wenn weitere Tipps und Tricks verraten werden. Und versucht diese Inputs möglichst gleich umzusetzen. Oft sind es nur Kleinigkeiten, die das Pedelec-Fahren einfacher, sicherer und damit auch deutlich entspannter machen.
In einer Schaffenspause erzählt der 73-Jährige, dass er alle 14 Tage gemeinsam mit anderen auf dem E-Bike ausfährt. Dann wundert er sich: „Es ist schon erstaunlich, was ich bis heute alles gar nicht gewusst habe.“
Nach knapp einer Stunde blitzt es erstmals da und dort auf: das Lächeln. Zuerst bei Ursula Rosenkranz, die an sich eine geübte Radfahrerin ist, heute aber zum ersten Mal auf einem E-Bike sitzt. Ihre Motivation, an diesem Kurs teilzunehmen, könnte anderen gerne zum Vorbild gereichen: „Ich will E-Bike-Fahren richtig lernen, solange ich noch fit bin. Dann sollte mir der Umstieg später sehr viel leichter fallen.“
Am Ende richtig schalten
Langsam bekommen alle die Eigenheiten des E-Bikes in den Griff: die zusätzliche Beschleunigung des E-Motors beim Losfahren, die giftigen Bremsen beim Stehenbleiben. Der Tipp von Ellen Dehnert: „Bremsen Sie sanft, jeweils mit nur zwei Fingern“ wird von allen bald beherzigt.
Auch von Brigitte Musilek. Sie erzählt, dass sie ihr E-Bike erst seit drei Monaten besitzt. Ihre kleine Unsicherheit beim Schalten weicht mit jeder weiteren Aufgabe im Kurs.
ÖAMTC-Expertin Ellen Dehnert bittet dann darum, nicht nur das Tempo, sondern auch die Reichweite klug an die eigenen Möglichkeiten anzupassen. Unfälle wären oft auch Folge von Müdigkeit.
Gegen Ende des Kurses hadert Obmann Putz damit, dass nicht mehr Mitglieder aus seiner Gruppe am Kurs teilgenommen haben: „Ich habe heute wirklich sehr viel Neues gelernt, wodurch ich meine Sturzgefahr erheblich reduzieren kann. Das sollten wohl auch noch andere.“
Für KURIER-Leser: Der ÖAMTC lädt KURIER-Leser zu allen E-Bike-Kursen in Wien, Niederösterreich und Burgenland ein. Diese Kurse sind kostenlos, vormittags oder nachmittags, jeweils drei Stunden lang. Einen Überblick über das gesamte Kursangebot gibt es hier.
Das Kursangebot: Ellen Dehnert leitet beim ÖAMTC die Abteilung für Mobilitätsprogramme. 2015 hat Dehnert das Konzept des E-Bike-Sicherheitskurses aus Deutschland importiert. Innerhalb der drei Kursstunden sind eine Standortbestimmung und zahlreiche Lernanregungen garantiert.
Apropos: Die Hälfte der 40 im Vorjahr in Österreich polizeilich erfassten Fahrradunfälle mit Todesfolge ereigneten sich mit einem Elektro-Fahrrad. 2021 wurden 9.600 E-Biker im Spital behandelt, 2018 waren es nur 3.800.