Löwenzahn und Co: Unkraut zum Essen, Cremen und Baden
Wildkraut in der Küche. Heilkraut in der Volksmedizin. Oder Beikraut in der Bio-Landwirtschaft. Die Vielfalt der Überbegriffe kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie vor allem unter einem Namen bekannt sind. Unkraut! Unerwünscht eben, und vor allem bei Gartenbesitzern verhasst. Nicht nur den Verfechtern eines makellosen englischen Rasens übrigens.
Manches Unkraut sticht dabei besonders heraus – Buchautorin und Wildpflanzenexpertin Janine Hissel nennt die bekannten Vertreter Löwenzahn, Brennnessel und Giersch „Mega-Unkräuter“. Fast überall seien sie zu finden, „megalästig“ daher. Was auch gute Seiten hat. Die Ausbreitung in Gärten, Wiesen und auf Waldrändern macht sie schnell greifbar. Praktischerweise auch noch kostenlos. Früher vermutlich mit ein Grund, diese Unkräuter in den Speiseplan zu integrieren. Manche schwören sogar als Kosmetik darauf.
Wer nun auf den Geschmack gekommen ist: Bis in den frühen Sommer hinein ist die beste Zeit zum Ernten, da enthalten sie noch nicht so viele Bitterstoffe wie später im Jahr. Die Tageszeit ist bei Wildkräutern nicht so wichtig, schreibt Janine Hissel in ihrem Buch „Megalästig, megalecker, megagesund“ (Verlag Ulmer, 10 €). „Morgens, mittags, oder abends ist ziemlich egal. Es spielt auch keine Rolle, ob es gerade geregnet hat.“ Es empfiehlt sich, beim Pflücken viel befahrene Straßen und gefragte Spazierrouten von Hundebesitzern zu meiden.
Brennnessel: Entwässernd und für volles Haar
Eines ist zumindest klar: Verwechselt kann sie nicht werden. Spätestens, wenn das unangenehme Brennen auf der Haut zu spüren ist, ist klar, woran man geraten ist. Zum Ernten empfehlen sich Handschuhe, beim Verzehr droht keine Gefahr. „Sobald die Brennnessel verarbeitet wird, verflüchtigt sich die brennende Wirkung der Brennhaare“, beruhigt Pflanzenexpertin Janine Hissel. Das treffe auch auf die rohe Verwendung als Salat zu. „Bereits ein Dressing führt zur Deaktivierung der Brennhaare.“ Man kann sie sogar als Snack frittieren: 100 g Dinkelmehl mit 1 Ei, 50 ml Bier, je 1 Prise Salz und Pfeffer verrühren, Rapsöl in einer tiefen Pfanne erhitzen. 4 Handvoll gewaschene und abgetropfte Brennnesselblätter durch den Teig ziehen und herausbacken.
Ihr üppiges Wachstum zeigt die bis zu einem Meter hoch werdende Pflanze bis in den August hinein. Viele schwärmen aber vor allem von den jungen Frühlings-Brennnesseln. Eine Handvoll frischer Blätter mit einem halben Liter Wasser übergossen ergibt die ideale Teemischung für eine Frühjahrskur, um die Nierentätigkeit anzuregen.
Eine grüne Haarspülung fördert als Kosmetik-Anwendung glänzendes, volles Haar. Dafür zwei Handvoll junge Blätter mit einem Liter kochendem Wasser übergießen. 15 Minuten ziehen lassen und filtern. In frisch gewaschenes Haar einmassieren, nicht ausspülen.
Im August bilden die Brennnesselpflanzen Samen aus, die sich getrocknet ebenfalls als Superfood eignen, etwa in Salaten, Müsli oder Smoothies. Sie beruhigen etwa bei Störungen im Verdauungstrakt oder helfen gegen Müdigkeit.
Giersch: „Waldpetersilie“ tut auch im Badewasser gut
Sogar mit dem üppig wuchernden Giersch kann man sich anfreunden. „Lieber aufessen statt ärgern“, empfiehlt Hissel. Die Blätter schmecken würzig – man nennt sie mancherorts liebevoll „Waldpetersilie“. Ähnlich der echten Petersilie punktet Giersch (der auch Geißfuß genannt wird) mit einem hohen Vitamin-C-Gehalt. Dazu wirkt er aufgrund vieler Mineralien basisch und fördert den Stoffwechsel.
Die würzigen Eigenschaften des Krauts ergeben dementsprechend viele Möglichkeiten zum Einsatz in der Küche, etwa als Grüner Frischkäse. Dafür 3 Handvoll Giersch samt Stielen fein hacken, mit 250 g Frischkäse, 2 Esslöffeln Obers, etwas Zitronensaft, Salz und Pfeffer verrühren. Als Beilage sollte man ruhig einmal Giersch-Gemüse probieren, das Abwechslung zum Karotten-Erbsen-Einerlei bringt. 5 Handvoll Giersch-Blätter samt Stielen grob hacken. 1 kleine Zwiebel würfeln und anbraten, dann den Giersch kurz mitdünsten. Mit 100 ml Gemüsefond aufgießen und 5 Minuten ohne Deckel kochen lassen. Dann 2 Esslöffel Obers unterrühren, mit Salz, Pfeffer und gemahlener Muskatnuss abschmecken und frisch servieren.
Seine entzündungshemmenden Eigenschaften gegen Gicht und Rheuma lassen sich ebenso als Badezusatz nutzen. Dafür 5 Handvoll Giersch-Blätter samt Stielen grob hacken und in ca. 2 Liter Wasser aufkochen und zugedeckt 15 Minuten ziehen lassen. Den Sud abseihen und ins Badewasser geben. Laut Volksmedizin sollte das Bad ungefähr 15 Minuten dauern und entspannend wirken. Für eine begleitende Anwendung als Tee reichen 2 Esslöffel Giersch-Blätter auf 250 ml kochendes Wasser. Den Tee nach 10 Minuten abseihen und trinken.
Löwenzahn: Süßes Gelee und saures Dressing
Hasen mümmeln gerne die gezackten Blätter, Kühe knabbern bevorzugt an den gelben Blüten – und auch der Mensch kann von den Inhaltsstoffen einer der bekanntesten regionalen Wildkräuter profitieren. Auch dieses Kraut hat einiges an Geschmack und Heilwirkung zu bieten. Was den Löwenzahn besonders auszeichnet: Er lässt sich das ganze Jahr über in den Speiseplan einbauen, und fast alles von der Blüte bis zur Wurzel ist essbar.
Wenn die Pflanzen im Frühjahr noch nicht blühen, enthalten die Blätter noch nicht so viele Bitterstoffe wie später im Jahr. Diesen zartbitteren Geschmack bevorzugen viele. Die rohen Blätter passen allerdings immer in einen klassischen Erdäpfelsalat (2 Handvoll fein geschnittener Löwenzahnblätter für 1 kg Erdäpfel) oder ins Dressing für Blattsalate.
Viel Geschmack bringen die Löwenzahnblätter ebenso in ein Pesto, das mit Pasta oder als Brotaufstrich Abwechslung bringt. 2 Handvoll Löwenzahnblätter, je 100 g Parmesan und fein gehackte Pinienkerne, 1 gehackte Knoblauchzehe und 150 ml neutrales Öl in einem hohen Gefäß mit dem Stabmixer pürieren. Mit Salz, Pfeffer und etwas Zitronensaft abschmecken und in zwei kleine Schraubgläser füllen.
Die gelbe Blüten eignen sich wunderbar für ein Löwenzahn-Gelee. 125 g Blütenblätter mit 1 Liter kochendem Wasser übergießen, mit 1 in Scheiben geschnittenen Bio-Zitrone und 1 ausgekratzten Vanilleschote über Nacht ziehen lassen. Filtern und Blüten ausdrücken. 900 ml mit 500 g Gelierzucker 2:1 aufkochen, nach Anleitung zubereiten und in saubere Schraubgläser füllen.