Leben/Gesellschaft

83.000 Müllwagen voller Plastik landen jährlich im Mittelmeer

Stellen Sie sich vor: Unzählige Sattelschlepper stehen Stoßstange an Stoßstange. Die Kolone reicht von Wien nach Mailand – voll beladen mit Plastik: Die Ladung von insgesamt 83.000 Müllautos landet im Mittelmeer. Und das jedes Jahr.

Kein Wunder, dass die Konzentration an Plastik in dem Binnenmeer so gewaltig ist wie nirgends auf der Welt – vier mal so hoch wie die des Plastikwirbels im nördlichen Pazifik. Das belegen Zahlen, die der Umweltverband WWF jetzt veröffentlicht hat, nachdem er die neusten Studien ausgewertet hatte.

Was das für die Tierwelt bedeutet, erläutert WWF-Meeresbiologe Axel Hein: „Auf dem Plastik siedeln sich Algen und Bakterien an, die einen starken Schwefelgeruch ausströmen, weshalb Seevögel sie für Nahrung halten. Fische wiederum verwechseln Plastik mit Krill, und Schildkröten halten Sackerln für Quallen.“ Die Tiere sterben, weil sich das Plastik in den Mägen haben oder sie sich darin verfangen. So gut wie kein Meeresbewohner bleibt vom Dreck verschont.

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Verursacher sind nicht nur die Bewohner der Anrainerstaaten – allen voran die Türkei, Spanien, Ägypten, Italien und Frankreich. Auch die Touristen tragen gerade im Sommer massiv zum Problem bei. Selbst Menschen, die nie am Strand Urlaub machen, werden mitschuldig, weil ihr Mist über die Flüsse ins Meer gelangt. „Werden zum Beispiel wasserabweisende Textilien oder Fleece-Jacken gewaschen, gelangt Mikroplastik ins Abwasser. Die kleinen Teilchen sind zudem in manchen Zahnpasten und Kosmetika enthalten.“

Verschärft wird die Situation besonders an den Küstenländern dadurch, dass es kaum eine Struktur für die Entsorgung oder das Recycling der Stoffe gibt. Darauf weist der Wiener Meeresbiologe Gerhard von der Universität Wien hin. „Das ist besonders deshalb besorgniserregend, weil sich die Kunststoffproduktion in den vergangenen 15 Jahren verdoppelt hat.“ Europa ist nach China der größte Erzeuger von Plastik.

Andere Sorgen

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Zudem sei das Problembewusstsein gerade in vielen Ländern nicht gerade ausgeprägt – auch weil sie oft andere Sorgen als den Umweltschutz habe, weiß Herndl. Doch das ändert sich gerade: „Auch weil der viele Kunststoff im Meer bereits wirtschaftliche Auswirkungen auf die Anrainerstaaten hat – etwa auf den Tourismus oder die Fischerei.“

Was wäre also die Lösung? „Ein Verbot von Plastiksackerln und -flaschen ist sicher ein wichtiger Schritt“, sagt Herndl. „Die Politik muss aber auch Druck auf die Industrie machen, dass sie Plastikprodukte nur dort verkaufen, wo auch die Entsorgung gewährleistet ist.“ Aufgabe der Politik müsse es sein, die vielen wilden Müllhalden rund ums Meer zu schließen und stattdessen für ein gutes Abfall- und Recyclingmanagement zu sorgen.

Doch auch jeder einzelne kann dazu beitragen, dass die Lieblingsstrände der Österreicher sauberer werden. „Das Wichtigste ist, dass sie als Touristen keinen Müll am Strand liegen lassen“, sagt Herndl. Auch der Verzicht auf Plastiksackerl und Einweggeschirr sowie PET–Flaschen sollte selbstverständlich sein, ergänzt WWF-Mann Hein.

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