Künstlerin Verena Dengler: Von Arbeit, Burschenschaft und Hyänen
„Willkommen im Arbeiterpalast!“, ruft Verena Dengler zur Begrüßung fröhlich. Wir befinden uns im fünften Wiener Gemeindebezirk im letzten Stock eines Nachkriegsbaus der Stadt Wien. Das Atelier beinhaltet einen Laptop, ein paar Farben, Pinsel und wenige Werkfragmente. Denglers Installationen hätten in der 40- Quadratmeter-Wohnung ohnehin keinen Platz. Sie posiert für uns trotzdem als „Künstlerin“, steckt sich Pinsel hinters Ohr, tut so, als würde sie Farbe essen und witzelt fachmännisch, dass man auch ohne weißenMantel unfallfrei malen kann. Ein guter Einstieg in ein Gespräch mit einer Kunstschaffenden, deren Spiel mit Pose und doppelten Identitäten Teil des Werks ist.
KURIER: Sie arbeiten mit Malerei, Skulpturen, Installationen... Wie geht es Ihnen eigentlich mit Schubladen?
Verena Dengler: Mir kommt es vor, dass es gar nicht mehr so aktuell ist, etwas so zu benennen. Mit „Star“ hab ich jetzt kein Problem.
Sie entziehen sich mit ihren Arbeiten einer einfachen Verwertung, werden aber als „Shooting Star“ gehandelt.
Ich bin auch bald 38. In Österreich bist du sehr lange Shooting Star. Man hinkt da ein bisschen dem Ausland hinterher – auch weil bildende Kunst nicht so einen Stellenwert hat. In Amerika, Großbritannien oder Deutschland stehen die Galeristen Schlange bei den Abschlussausstellungen der Kunsthochschulen.
Wann stellt sich das Gefühl ein, als Künstlerin etabliert zu sein? Bei der ersten Einzelausstellung?
Verkauf und Erfolg hängen nicht unbedingt kausal zusammen. Das unterliegt auch Schwankungen. Hier gibt es einfach nicht so einen großen Kunstmarkt, dafür gibt es tolle Institutionen. Unter Künstlerkollegen ist die Definition von Erfolg etwas anderes.
Wie ist das Leben als freischaffende Künstlerin, die zwar Aufmerksamkeit generiert, aber keine Werke schafft, die man sich schnell mal als Interior Design-Element über den Kamin hängt?
Die Sachen gibt’s eh auch (lacht). Meine Werke wurden glücklicherweise viel von Museen angekauft. Zum Beispiel bei der ersten Ausstellung im mumok. Aber klar, der Markt hat andere Regeln.
Als Teil einer Museumssammlung ist ihr Werk sozusagen ein archiviertes Kulturgut. Wie fühlt sich das an?
Es ist das Beste, wenn man weiß, das ist in einer super Sammlung, die das auch nicht verkauft. Anders als Privatsammlern, wo man nicht weiß, ob es nicht bei einer Auktion landet.
Der internationale Kunstmarkt wird zunehmend zur Spekulationsblase der Superreichen. Ist es besser, in Österreich zu arbeiten, wo der Markt nicht so überhitzt ist?
Ich weiß nicht, wofür sich die reichen Leute hier interessieren. Nicht für Kunst jedenfalls. In New York, London oder L.A. gehen die Leute auf die Kunstmesse einkaufen, um ihre Wohnungen einzurichten. Dafür sind die Institutionen hierzulande weltberühmt.
Sie haben vor bald zehn Jahren eine Ausstellung zum Thema Arbeit gemacht. Was ist ihr Arbeitsbegriff?
Bei mir ist es eher fließend, aber ich schaue schon drauf, dass nicht alles verwertet wird. Ich finde es sehr ungesund, wenn man alles monetarisiert und der Freundeskreis sowie alles andere zur Arbeit wird.
Heuer hat Österreich mit Renate Bertlmann das erste Mal eine Frau entsendet, um den Länderpavillon mit einer Einzelausstellung zu bespielen. Erstaunlich spät, oder?
Man muss schon die ganzen unsichtbaren Strukturen dahinter sehen. Es ist sehr weit verbreitet, dass männliche Künstler von ihren Frauen im Alltag gemanagt werden. Das haben Frauen so nicht. Die Werke von Frauen kosten auch weniger. Es gibt ja nicht nur die Ausstellung, sondern das ganze drum herum: Sponsorengelder aufstellen und, und, und.
In anderen Branchen hört man oft, Frauen hätten nicht den Drang, sich wichtig zu machen, daher drängen sie nicht in die erste Reihe. Außerdem bleibt die Familienarbeit immer noch an ihnen hängen. Ist das in der Kunst ähnlich?
„Die wollen nicht“, das stimmt nicht so. Es ist nur so: Wenn man das macht, musst du die Konsequenzen in Form von Shitstorms tragen – siehe Stefanie Sargnagel. Was leider darüber hängt, ist das Bild, das Maria Lassnig geprägt hat: Als Mutter kann man keine gute Künstlerin sein. Es ist schade, dass es diesen Ausspruch gibt.
Vieles scheint auch eine Generationenfrage zu sein. Das Privileg wird einem als Künstler heute nicht mehr so nachgeschmissen, oder?
Man konnte sich früher wirklich sehr viel erlauben. Als Friedensreich Hundertwasser an der Akademie im Jahre Schnee unterrichtet hat, war er nicht da, sondern auf einem Boot in Neuseeland und hat Kassetten geschickt.
Das war auch etwas sehr Wienerisches, der Fantastische Realismus, oder?
Kennt keine Sau im Ausland.
Früher war es so, dass man als etablierter Künstler eben ein Genie war. Heute greift dieser Automatismus nicht mehr so stark, oder?
Im Kunstbereich ist es halt so, dass dieses Bild in den vergangen Jahrzehnten extrem attackiert wurde. Ein paar gibt es noch: Kanye West zum Beispiel.
Sie stellen Werke einer Künstlerin namens HC Playner aus. Das ist eine offensichtliche Verballhornung von Heinz Christian Strache und der selbst ernannten „Pop Art“-Künstlerin Tanja Playner, die Fangemälde von FPÖ-Politikern anfertigt. Wer steckt hinter HC Playner? Sie selbst?
Es ist eine Künstlerin, die ich kuratiert habe. Ich bin es nicht. Sie kommt aus der Steiermark und ich habe sie auch in der Burschenschaft kennengelernt. Aber ich kenne sie auch nicht sehr gut, denn sie lebt sehr zurückgezogen und macht eben so Installationen: Eine Hyäne mit einem Haufen New Balance-Schuhe, die die neuen Rechten ja für sich reklamiert haben.
Und es ist auch nicht Tanja Playner.
Nein, die Namensgleichheit ist völlig zufällig. Es gibt auch eine Facebookseite.
Dann muss es sie also wirklich geben.
Eben