Eine klare Absage an die Rührseligkeit
Von Peter Jarolin
Er war reich, beruflich erfolgreich und glücklich verheiratet. Kurzum: Er hatte alles. Doch ein Unfall veränderte sein Leben. Beim Paragleiten stürzte der adelige Unternehmer Philippe Pozzo di Borgo ab. Die Folge: Eine Ganzkörper-Lähmung vom Hals abwärts. Dazu der Krebstod der Frau, Depressionen. Erst mithilfe eines Pflegers fand Pozzo di Borgo wieder Lebensmut und schrieb ein Buch namens "Der zweite Atem".
Der Rest ist bekannt: "Ziemlich beste Freunde", der Filmerfolg von Oliver Nakache und Eric Toledano, der Pozzo di Borgos Geschichte ab der Lähmung erzählt. In den Wiener Kammerspielen ist ab heute, Donnerstag, die Bühnenfassung des Kassenschlagers zu sehen. In der Regie von Michael Gampe spielt Michael Dangl jenen Philippe Pozzo di Borgo, der trotz seiner persönlichen Tragödie wieder Lebensmut fasst.
"Man darf nicht auf die Tränendrüse drücken, das wäre völlig falsch und auch nicht im Sinn des realen Vorbilds", sagt Dangl. "Wir wollen auch den feinen Humor, der sich zwischen Patient und Pfleger entwickelt, zu seinem Recht kommen lassen. Rührseligkeit, nein danke."
Wie spielt man eine Rolle, wenn man sich nicht bewegen darf? "Es bleibt nur die Mimik und die Sprache. Das war nicht so einfach, denn wir Schauspieler neigen zur großen Geste. Aber ich habe mich zu Beginn der Proben am Rollstuhl festbinden lassen, um dieses Gefühl der Bewegungslosigkeit zu bekommen. Das war beklemmend. Ich hoffe aber, dass wir dem Publikum dennoch Lebensfreude vermitteln können."
Szenenfotos
Multitalent
Ja, die Proben waren eine Herausforderung, vor allem da Dangl auch sonst im Einsatz ist. In der Josefstadt spielt er in "Wie im Himmel", für die Festspiele Reichenau bereitet er sich auf seine Rolle in der Fontane-Adaption "Effi Briest" vor, und sein (großartiger) Roman "Schöne Aussicht Nr. 6" kommt als Hörbuch heraus. Dazu kommen Lesungen (eine von Dangl erstellte Fassung von Schnitzlers "Reigen") und die Präsentation des Stücks "Tiramisu". Dangl lachend: "Wenn man da nicht optimistisch sein soll?"