Yasmo zu ihrem neuen Album: "Wir sind alle ein bisschen verloren“
Von Marco Weise
Kaum jemand kann hierzulande mit Wörtern besser umgehen und jonglieren als Yasmin Hafedh alias Yasmo. Die gefeierte Rapperin und preisgekrönte Poetry-Slammerin legt drei Jahre nach ihrem gelungenen Album „Prekariat & Karat“ (2019) mit ihrer Klangkantine einen neuen Longplayer vor. „Laut und Lost“ ist ein höchst schmackhafter Nachschlag.
Die Wienerin wirft darauf einen messerscharfen wie (selbst)kritischen Blick auf das junge Erwachsensein, das Ausbrechen aus klischeehaften Erwartungen auf dem Weg dorthin, die Gratwanderung zur Selbstermächtigung und Unabhängigkeit. „Beim Schreiben dieser Platte habe ich ganz viel für und über mich selbst gelernt sowie meinen Weg ins Erwachsenen-Dasein verarbeitet. Ich bin ja jetzt Anfang 30 und gehöre nicht mehr der heutigen Tik-Tok-Generation an“, sagt Yasmo im Gespräch dem KURIER.
Auf „Laut und Lost“ werden viele Themen angesprochen und auch Kritik an der Gesellschaft geübt: Es geht um Kapitalismus, Neoliberalismus, die Ich-AGs, das Patriarchat und um die jüngeren Krisen. „Das Album ist eine Bestandsaufnahme, keine Anklage gegen irgendwelche Generationen. Mit dem Album will ich die Welt ansprechen, die jetzt zweieinhalb kranke Pandemie-Jahre hinter sich hat. Und jetzt geht es munter weiter – es scheint einfach immer alles noch wahnsinniger zu werden. Insofern ist es, glaube ich, einfach eine Ist-Zustands-Analyse. Wir sind alle ein bisschen lost, also verloren“, sagt Yasmo.
Aber nur keine Angst, das Album ist jetzt keine vertonte Depression. Im Gegenteil. Musikalisch geht es darauf sehr heiter zur Sache: Der Sound ist farbenfroh, die Bläser und Streicher jubilieren und die Beats sind knackig. Die Band verliert sich diesmal weniger in der Big-Band-Jazz-Gasse. Die Songs fallen dafür geradliniger, frecher, poppiger aus. „Der große Unterschied zum letzten Album ist, dass wir mit zwei Produzenten zusammengearbeitet haben. Bis jetzt haben wir eigentlich immer alles selber produziert. Und diesmal haben wir noch zwei weitere Leute ins Team geholt, nämlich Luca Pivetz und Mirac. Die Musik und die Texte habe ich nach wie vor selbst geschrieben, zusammen mit Tobias Vedovelli und Ralph Mothwurf.“
„100k“
Es geht in den zwölf neuen Songs auch auch ums Geld, das bei einigen Jugendlichen ziemlich locker sitzt. „Aber nicht jeder hat einen Papa, der es richtig“, rappt Yasmo dazu im Song „100k“, in dem die Singer-Songwriterin Mira Lu Kovac den Refrain liefert. Auf so einen geldigen Papa konnte die in einfachen Verhältnissen aufgewachsene Yasmo nicht zurückgreifen. Was aber nie ein Problem für sie gewesen sei. Anders war das lange Zeit in Sachen Migrationshintergrund. „Diesen wollte ich in Teenagerjahren lange Zeit unsichtbar machen, bis ich gemerkt habe, dass das ein wichtiger Teil meines Lebens ist, und auf keinen Fall etwas, für das man sich schämen muss“, sagt Yasmo. Im Song „Rich“ verwendet sie dann das Wort Bitch, für Yasmo ein Novum. Denn die Rapperin verzichtet grundsätzlich auf Schimpfwörter. „Aber beim Schreiben des Songs hat es so viel Spaß gemacht, das Wort zu verwenden. Als Frau kann ich das auch ohne große Probleme machen. Im Gegensatz zu Männern: Die dürfen nicht Bitch sagen. Das werde ich weiterhin nicht durchgehen lassen.“