Kultur

World Press Photo: Wie das Pandemiejahr in Bilder gefasst wurde

"Wenn deine Bilder nicht gut genug sind, warst du nicht nah genug dran", pflegte der Fotograf Robert Capa zu sagen - und Generationen von Fotoreportern machten es sich zur Aufgabe, mit ihrer Linse möglichst nah an Konflikte, menschliche Dramen, Sportereignisse oder Tiere zu gelangen. Diese Bildsprache beherrschte auch lange das Siegerfeld der "World Press Photo"-Awards, jener Auszeichnungen, die seit 1955 von einer niederländischen Stiftung vergeben werden.

Wie aber macht man gute Fotos, wenn die Distanz das Gebot der Stunde ist?

Das Siegerbild des heurigen Jahres macht das Dilemma direkt zum Thema: Es zeigt einen Moment der Nähe in einem brasilianischen Altenheim. Die 85-Jährige Rosa Luzia Lunardi wird in der Aufnahme von einer Pflegerin umarmt - es ist die erste Umarmung nach fünf Monaten der Isolation, erfährt man aus dem Bildtext. Und die Umarmung findet durch eine Sicherheitsfolie statt - ein so genannter "Hug Curtain" (Umarmungsvorhang) erlaubt in dem Altenheim wieder so etwas wie körperliche Nähe.

Das Foto wurde von Mads Nissen (42), Fotograf der dänischen Zeitung Politiken, aufgenommen. Er hatte schon einmal, 2015, die Auszeichnung für das World Press Photo des Jahres erhalten - für das Bild eines homosexuellen Paars in Russland.

Alle Inhalte anzeigen

Für das Feld der prämierten Arbeiten, die eine Jury heuer aus den Einreichungen von mehr aus 4.300 Fotografen und Fotografinnen aus 130 Ländern wählte, wird sowohl die technische und formale Qualität als auch die zeithistorische Relevanz als Kriterium angelegt. Neben der Pandemie finden sich daher auch Bilder der "Black Lives Matter"-Proteste, der Explosion im Hafen Beiruts, der Heuschreckenplage in Kenia in der Auswahl.

Fast schon "Dauerbrenner" sind Reportagen aus den Flüchtlingslagern Griechenlands oder Einblicke in die Situation von marginalisierten Gruppen - etwa einer Transgender-Person in Russland. Auch wenn das Starterfeld verhältnismäßig unblutig aussieht - der Vorwurf, einen Katastrophen-Voyeurismus zu befriedigen, begleitet die Veranstaltung seit langem - so braucht man für einige Bilder, etwa die geheim-Aufnahmen aus einer spanischen Schweinefarm von Aitor Gaimienda - einen starken Bilder-Magen.

Alle Inhalte anzeigen