Kultur

Wegen Corona: Einzelkämpfer der Oper im Solidaritätsmodus

Arnold Schönbergs „Gurre-Lieder“ in Dresden und Salzburg mit Christian Thielemann, die „Ariadne auf Naxos“ in Montpellier oder Herodes in der „Salome“ beim Bergen Festival (alles von Richard Strauss) – Wolfgang Ablinger-Sperrhacke hatte und hat einen vollen Terminkalender. Dann kam die Coronavirus-Pandemie, und der österreichische Tenor stand wie fast alle seiner europäischen Kollegen über Nacht mit Einnahmen Null da.

„In Dresden konnten wir die ,Gurre-Lieder’ noch machen, auf München im Herbst hoffe ich“, so Ablinger-Sperrhacke im KURIER-Gespräch. Dazwischen aber ist (vorerst) nichts. Also keine Musik – das heißt auch kein Geld.

Gegen Gutsherrenart

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Der Künstler weiter: „Wir haben von den Institutionen den sprichwörtlichen blauen Brief bekommen. Wobei das in jedem Fall etwas anderes bedeutet. Manche Häuser gewähren einem Geld für erbrachte Vorleistungen, andere wiederum nicht. Das ist ein Denken nach Gutsherrenart, das so nicht sein sollte.“

Also ging Wolfgang Ablinger-Sperrhacke in die Offensive. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen wie Elisabeth Kulman, Tomasz Konieczny, Georg Nigl, Günther Groissböck oder Norbert Ernst wandte sich Ablinger-Sperrhacke in einer Anwaltspetition an Kulturstaatssekretärin Ulrike Lunacek. Die Forderung: Einheitliche, rechtskonforme, europaweite Regelungen in Sachen Bezahlung für freischaffende Künstler.

Einzelkämpfer

Denn, so Ablinger-Sperrhacke: „Bis dato waren wir Einzelkämpfer, jetzt aber müssen wir den Hebel auf Solidarität umschalten. Auf eine europäische Solidarität. Ich glaube fest an dieses Haus Europa. Aber viele Kollegen haben Angst, sich öffentlich gegen die Willkür der Veranstalter zu positionieren. Ich selbst bin da angstbefreit und ziemlich gestählt. Ich bin in einer homophoben Familie aufgewachsen und hatte mein Coming Out in Zeiten der Aids-Krise 1989. Die queere Community hat daraus gelernt, dass nur Solidarität unsere Interessen wahren kann und scheute sich auch nicht, den Kampf für die Schwulenrechte bis zum Verfassungsgerichtshof und zum EuGH zu führen. Also hoffe ich, dass wir auch den Kampf um die Künstlerrechte mit Gleichgesinnten gewinnen werden.“

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Und weiter: „Die Kunstfreiheit ist ein verfassungsrechtliches Grundrecht wie die Meinungsfreiheit und die Pressefreiheit. Die Ungleichstellung zwischen fix Angestellten und freien Künstlern ist enorm. Politiker sagen oft: ,Wozu brauchen wir Kunst? Sollen die Künstler halt ihren Gürtel enger schnallen.’ Das kann es nicht sein. Kunst hat die Metaebene der Katharsis und ist überlebenswichtig.“

Was aber ist das Ziel dieser Anwaltspetition? „Diese Krise ist eine Chance. Als freischaffende Künstler können wir langfristig eine europaweite gewerkschaftliche Repräsentation aufbauen, die allen ihre Rechte und auch Pflichten sichert.“

Suppentopf

Denn: „Dieses Motto: ,Privat ist besser als öffentlich’ gehört auf den Misthaufen der Geschichte. Die Vereinzelung der Künstler ist der direkte Weg in den Suppentopf. Und die nationalstaatliche Dystonie kann kein Ausweg sein. Das Haus Europa sollte jetzt zusammenrücken – es darf keine paternalistische Großzügigkeit geben.“

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Soll heißen: „Uns schwebt eine Art ,Runder Tisch’ vor. In Österreich bestehend aus Vertretern der Bundestheater, der Festivals, der Agenturen, der Politik und der Künstler. Denn es kann nicht sein, dass sich etwa die Staatsoper oder die Osterfestspiele in Salzburg nur auf den Paragrafen der ,Force majeur’, der .höheren Gewalt’ berufen. Österreich ist Vorreiter in der Kultur. Da könnte ein Impuls für Europa kommen. Ich hoffe, dass wir eine saubere Lösung für die teils prekären Dienstverhältnisse finden. Vor allem hoffe ich, dass es im Herbst endlich wieder weitergeht!“