Kultur

Krimispannung ohne Meuchelei: TV-Serie wird in Wien gedreht

Dunkle, wuchtige Einbauschränke stehen in jenem verlassenen Bürogebäude im 23. Wiener Gemeindebezirk, das kurzzeitig zum Notariat umfunktioniert wurde. Es ist einer jener Drehorte, an denen gerade eine neue ORF-Serie mit dem recht sperrigen Arbeitstitel „Erbschaftsangelegenheiten“ entsteht. Und die urigen Räumlichkeiten des Notariats spielen da keine unwichtige Rolle – schließlich bekommen hier die beiden Protagonisten, die Erbenermittler Paul Schwartz ( Johannes Zeiler) und Julia Marquard (Brigitta Kanyaro), ihre Aufträge.

Vier von acht Episoden wurden bereits im März abgedreht – ungemütlich im „Notariat“ ohne funktionierende Heizung. Jetzt im Sommer, wo der Rest der Serie im Entstehen ist, macht die fehlende Klimaanlage dem Team zu schaffen. „Wir haben in diesem Gebäude schon alle Temperaturen erlebt“, erzählt Markus Engel dem KURIER bei einem Besuch am Set. Engel führte beim ersten Drehblock Regie, von ihm stammt auch die Idee zur Serie. Die kam ihm beim Zeitlunglesen, als er auf einen Bericht über das Berufsbild des Erbenermittlers gestoßen ist.

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Lange Suche

Hat ein Verstorbener kein Testament hinterlassen und sind auf den ersten Blick auch keine Nachkommen ausfindig zu machen sind, werden sie aktiv. Sie suchen in Archiven und im Internet, in Stammbäumen und alten Dokumenten. Sind die Ermittler erfolgreich, bekommen sie rund 20 Prozent des Erbes – mit ein Grund, warum Hauptdarsteller Johannes Zeiler („Deckname Holec“) am Set nicht zu viel über seine eigene Recherche für die Rolle verraten will: „Sonst mache ich denen das Geschäft kaputt“, sagt Zeiler schmunzelnd.

Es muss nicht unbedingt jemand gemeuchelt werden.


Wie bei Dr. House

Als „Krimi nach links gedreht“ beschreibt Engel seine Serie. „Am Anfang haben wir einen Toten und dann wird recherchiert. Meiner Meinung nach kann man die gleiche Spannung erzeugen wie bei einem Krimi. Dafür muss nicht unbedingt jemand gemeuchelt werden“, so Engel.

Pro Folge gibt es einen abgeschlossenen Fall, die Geschichten beruhen auf wahren Begebenheiten. „Ich habe einen Erbenermittler in Wien, dem ich alles zeige, was ich geschrieben habe, damit es authentisch bleibt“, erzählt Engel. „Es ist wie bei Dr. House: Du hast in einem Krankenhaus nie diese Häufung an außergewöhnlichen Fällen. Aber wenn es einen solchen gibt, dann wird er auch so gelöst.“

Engels Erbschaftsfälle sind mit Ereignissen aus der jüngeren österreichischen Vergangenheit verknüpft, etwa mit der Aubesetzung oder dem Glykolskandal. Neben Spannung soll die Serie auch Humor („Aber es wird keine typisch österreichische Kabarettisten-Sendung.“) und Melancholie beinhalten: „Es geht ja um Verstorbene und die Frage: Was bleibt, wenn nichts bleibt?“

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Kein gänzlich neues Terrain für Schauspieler Johannes Zeiler: In der ORF-Serie „CopStories“ ging er bereits als Oberst Andreas Bergfeld auf Spurensuche (die fertigen Staffeln drei und vier warten nach wie vor auf Ausstrahlung). Jetzt ohne Dienstwaffe zu ermitteln sei aber nicht weniger spannend. Eigentlich, sagt Zeiler über seine Rolle, sei Paul Schwartz ein soziophober Typ, „der aber in den kommunikativsten, humorvollsten, und raffiniertesten Menschen schlüpft, wenn es darum geht, einen Hinweis auf einen möglichen Erben zu bekommen.“

Ganz anders arbeitet seine Assistentin Julia Marquard: Sie geht streng analytisch vor und ist eine Meisterin der Internet-Recherche. Für Brigitta Kanyaro, die rumänische Wurzeln hat und in Oberösterreich aufgewachsen ist, ist es die erste Hauptrolle. In einzelnen Episoden zu sehen sein werden unter anderem Ulrike Beimpold, Wolf Bachofner und Katharina Stemberger.

Gedreht wird voraussichtlich bis Ende Juli, ein Ausstrahlungstermin steht noch nicht fest. Regie bei den letzten vier Folgen führt Gerald („Schnell ermittelt“, „Soko Kitzbühel“).