Kultur

Über den notwendigen Luxus der Gefühle

Ist die Frage, ob ein Schleckeis aus Schaumstoff eine tragbare Brosche ist, irrelevant? Nein, denn Schmuck, der nicht getragen wird, sei wie ein Kleid, das ausschließlich im Kasten hängt, schrieb Schmucksammler Karl Bollmann vor vielen Jahren über seine erste Ausstellung.

Dass statt dem Wort "Kleid" irrtümlich das Wort "Kind" gedruckt wurde, war vielleicht gar nicht so unpassend, denn das Kunstwerk Schmuck ist für den Sammler soviel mehr als bloß "schmückendes Beiwerk". "Schmuck wird auch heute noch überwiegend als ein nach der Konvention zu lesendes Zeichen der gesellschaftlichen Position gesehen." Allerdings sollte "die Freiheit der Kunst auch für den Schmuck gelten".

Unkonventionell

Darüber hinaus ist die Eis-am-Stiel-Brosche aus Schaumstoff, Holz und Glasperlen des Künstlers Wolfgang Lieglein unkonventionell, aber natürlich tragbar – ebenso wie die anderen mehr als 1000 Objekte aus der Sammlung des österreichischen Ehepaares Heidi und Karl Bollmann, von denen 454 Exponate nun im MAK in der Ausstellung "Schmuck 1970–2015: Sammlung Bollmann" zu sehen sind.

Kirchenfensterglas

Die Schau zeigt Arbeiten von 206 Künstlern und Künstlerinnen, die einen Bogen über unterschiedliche kulturelle Regionen spannen. Schmuckstücke aus den USA, Mexiko, Israel, Japan, Australien, Südafrika, Korea oder China sind ebenso zu sehen wie Exponate aus nahezu allen europäischen Ländern. Aus Österreich sind etwa Werke von Helfried Kodré, Manfred Nisslmüller und Peter Skubic dabei. Broschen, Ketten, Ringe; aus so unterschiedlichen Materialien wie Dentalplast, versengter Seide, Kirchenfensterglas – oder Gold und Silber.

Einem Schmuckstück, schreibt Bollmann im Ausstellungskatalog, werde Bedeutung durch Träger und Betrachter zugefügt. Das zeigt auch die Gegenüberstellung der ausgestellten Stücke in Vitrinen und Fotos von Trägern ebendieser Schmuckstücke: Erst durch das Getragen-Werden wirken sie lebendig. Im Zentrum der Schau steht die Frage, was Schmuck eigentlich ist. Sammler Bollmann weiß viele Antworten darauf, unter anderem diese: "Schmuck ist der notwendige Luxus der Gefühle."

Schmuck an der Schnittstelle zur Bildhauerei zeigt der zweite Teil der Ausstellung. Die Retrospektive des österreichischen Künstlers Fritz Maierhofer zeigt Schmuck und Skulpturen von den 1960er-Jahren bis heute, erzeugt aus Acrylglas, Stahl, Zinn, Aluminium und Corian.