Kultur

Startenor Domingo: #MeToo-Vorwürfe enthalten in den USA schon das "Urteil"

Der mit Vorwürfen der sexuellen Belästigung konfrontierte Startenor Placido Domingo, der sich zuletzt von mehreren Engagements zurückgezogen hat, hat in der Musik Trost in schwierigen Zeiten gefunden. „Ich haben stundenlang zu Hause verbracht, obwohl ich es immer gewohnt war, im Theater, auf Reisen oder bei Abendessen zu sein“, erzählte Domingo im Interview mit dem Blatt „Corriere della Sera“.

„Jetzt habe ich wieder zu meinem Alltag zurückgefunden, zu meiner Arbeit. Inmitten von Freunden und Kollegen fühle ich mich ruhig. Am schrecklichsten in diesen Momenten sind die Gedanken: Man kann sie nachtsüber nicht ausschalten und tagsüber ist es schwierig, sie zu kontrollieren. Es hat mir viel geholfen, zu lernen. Ich konzentrierte mich auf die Musik, die mir viel Energie verleiht. Viel Kraft hat mir die unerschöpfliche Liebe meiner Angehörigen gegeben“, sagte der 78-jährige Sänger im Gespräch mit der Mailänder Tageszeitung.

„Ich habe jahrzehntelang in den USA gearbeitet und ich weiß, wie gravierend Vorwürfe wie jene sind, die gegen mich erhoben wurden. Leider enthalten die Vorwürfe implizit auch das Urteil. In Europa ist es anders: Die Unschuldsvermutung überwiegt über die Versuchung, sofort zu verurteilen“, sagte der Tenor.

Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien für ihn „schmerzhaft“. „Ich habe nie einen Menschen missbraucht, oder von meiner Position profitiert. Mein Gewissen und mein Geist sind ruhig. Man kann Fehler im Leben machen, ich habe aber niemanden beleidigt“, sagte der Sänger. Jede Form sexueller Belästigung sei zu verwerfen.