Kultur

Staatsoper: "Wie ein echter Horrorfilm"

"Es war meine Idee. Und ich finde, es war eine gute Idee. Denn das ist eine vollwertige, absolut überragende Musik." Wenn Christian Thielemann von Engelbert Humperdincks "Hänsel und Gretel" spricht, gerät der Stardirigent ins Schwärmen.

Am Donnerstag hat diese "Oper für Kinder" an der Wiener Staatsoper Premiere: In der Inszenierung von Adrian Noble und mit dem Musikdirektor der Bayreuther Festspiele und Chefdirigenten der Sächsischen Staatskapelle Dresden am Pult.

Wagner’sche Hintertür

Nur vier Mal wird Thielemann dieses Werk am Ring dirigieren. Aber: "Das ist dennoch ein hartes Stück Arbeit. Doch das Orchester ist phänomenal", streut Thielemann den Musikern Rosen. Denn: "Das muss man erst einmal schaffen, diese geniale Verbindung vom Volksliedhaften hin zu den Klangwelten eines Richard Wagner. Mit Humperdinck bekommen die Kinder Wagner quasi durch die Hintertür serviert."

Als reine "Kinderoper" sieht Thielemann das Werk nicht. "Eigentlich sind fast alle Märchen unglaublich grausam, wie ein echter Horrorfilm. Nur haben Kinder diese Grausamkeiten nicht so sehr auf dem Radar. Und auch Regisseur Adrian Noble macht seinem Namen alle Ehre, er inszeniert das Stück sehr nobel und tauglich für das Repertoire. Die Kinder sehen ein Märchen, die Erwachsenen dürfen sich durchaus weitere Gedanken machen."

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Gedanken macht sich der Ausnahmedirigent auch über die aktuelle politische Situation. Immerhin ist ausgerechnet die Dresdner Semperoper einer jener Orte, an denen die Pegida-Bewegung demonstriert. Thielemann: "Es ist schade, dass unser Opernhaus meist in diesem Kontext in den Schlagzeilen ist. Als Institution aber geben wir künstlerisch die Antworten. Ohne internationale Gäste, ohne Menschen aus vielen Ländern, wäre Musiktheater gar nicht denkbar. Weder in Dresden, noch in Wien."

Aber, so Thielemann: "Ich finde schon, dass die Politik all diese Ängste ernst nehmen sollte. Es gibt bei Pegida ein paar Überbrüller, aber sehr viele Mitläufer, die ganz simple Sorgen haben. Da wäre die Politik gut beraten, den Menschen einfach aufs Maul zu schauen und zu handeln."

Handeln wird Thielemann auch selbst. Und zwar offiziell als Musikdirektor der Bayreuther Festspiele. "Diese Position ist eine Mischung aus Grüßaugust und künstlerischem Berater. Ich wähle gemeinsam mit Katharina Wagner Sänger oder Dirigenten aus, wir beraten über den weiteren Weg der Festspiele, die für mich der größte Traum meines Lebens sind."

Ein Traum, für den Thielemann aber auch Opfer bringen muss. "Da ich im Sommer in Bayreuth bin, kann ich leider nicht in Salzburg dirigieren. Denn ich hample nicht zwischen zwei Festivals, das wäre unseriös. Aber die Salzburger Osterfestspiele gehen bis 2021 weiter. Und wird sind gerade am Verhandeln über die Zeit darüber hinaus."