Kultur

Self-Publishing: Der Mörder-Erfolg von B. C. Schiller

Lange wurde Self-Publishing belächelt. Inzwischen hat es sogar bei der Frankfurter Buchmesse, die eben zu Ende ging, einen Fixplatz. Die Oberösterreicher Barbara (51) und Christian Schiller (63) sind mit dem Selbstverlegen ihrer Thriller zu Bestseller-Autoren geworden. Der Erfolg in Zahlen: 1,8 Millionen verkaufte Bücher. Wie der Traum vieler zur Realität der beiden wurde, erzählen sie im Interview.

KURIER: Was hat Sie dazu bewogen, das alte Berufsleben abzuschließen und zu Thriller-Autoren zu werden?

Barbara Schiller: Diese Entwicklung war nicht absehbar. Es war nie geplant, dass unsere Bücher so erfolgreich werden und auch nicht, dass wir unsere Jobs aufgeben. Aber nach 20 Jahren in der Werbebranche fragt man sich schon, ob das wirklich alles vom Leben ist. Und davor habe ich Christian bereits lang sekkiert, dass wir mal zusammen ein Buch schreiben sollten. Ich wollte etwas machen, das mich im Kopf beschäftigt und nicht nur, um Geld zu verdienen.

Christian Schiller: Ich habe früher u. a. Features für Ö1 gemacht und schon zwei Bücher – einen Roman und ein Sachbuch über einen Mörder in der Zwischenkriegszeit – relativ erfolgreich veröffentlichen können. Wir haben uns dann einmal zum Ausgleich vom beruflichen Alltag für drei Wochen nach Mallorca zurückgezogen und einen Thriller-Plot konzipiert. So sind unser erster Kommissar Tony Braun und „Töten ist ganz einfach“ entstanden.

So aus dem Nichts und ohne Verlag stelle ich mir das schwierig vor. Oft fehlt selbstverlegten Büchern Grundsätzliches wie ein gutes Lektorat. 

Barbara Schiller: Deshalb sollte unser Einstieg von Anfang professionell sein: Wir haben uns einen Agenten gesucht, es gab ein Korrektorat und ein Lektorat. In allen großen Verlagsinstitutionen wurde dann zwar die Qualität anerkannt, aber mit dem Hinweis abgelehnt, dass es schon genug angloamerikanische und nordeuropäische Thriller gibt. Aber wie so oft im Leben braucht man dann auch Glück.

Christan Schiller: Unsere Karriere und unser erstes Buch sind bei Amazons Kindle Direct Publishing Plattform ins Laufen gekommen. Das Prinzip klang einfach und da wir aus der Werbung kamen, also einiges vom Marketing verstanden, haben wir unseren ersten Roman hochgeladen.

Barbara Schiller: Bei Kindle Direct Publishing ist die Sichtbarkeit entscheidend, die man bekommt, wenn man es in die Top 100 schafft. Da waren wir aber auch nach sechs Monaten noch nicht. Dann, plötzlich, ging es wie bei einer Welle los, zunächst auf Platz 85 und schließlich wurden wir bis Platz 14 vorgespült. Dann haben wir ein zweites Buch, „Freunde müssen töten“, geschrieben, das binnen Tagen auf Platz eins kam.

Das klingt jetzt relativ simpel, aber so einfach kann es nicht sein.

Christian Schiller: Es ist nicht so schwer, wie man vermuten würde. Aber natürlich haben wir zu Beginn einige Fehler gemacht etwa im Umgang mit Social Media und Bloggern, die sehr wichtig sind für das Ranking.

Barbara Schiller: Und auch wir hatten eine Phase, in der es nicht lief, in der es Selbstzweifel gab. Ich glaube, das Schwierigste ist der Mut zum Risiko und erst recht, wenn man nicht mehr 20 oder 30 Jahre alt ist. Wir haben damals einen Schnitt gemacht, haben unsere Agentur verkauft, sind ins Loch gefallen und haben das gemeistert.

Mut ist das eine, das Können und die Kreativität das andere.

Christian Schiller: Man muss auf jeden Fall eine überbordende Fantasie haben, man muss eine Idee bis zum Ende durchdenken können, und man muss eine Liebe haben zum Lesen im Allgemeinen und im Besonderen für das Genre, in dem man schreibt. Und natürlich ist die Lust am Schreiben wichtig. Wenn man sich zum Schreiben zwingen muss, wird es eine Qual – für Autor und Leser.

Alle Inhalte anzeigen

Sind Sie disziplinierte Schreiber?

Barbara Schiller: Ja, das müssen wir sein. Es gibt eine Erwartungshaltung der Fans. Wir haben auch Amazon gegenüber Vereinbarungen – wir haben 21 Bücher in sechs Jahren geschrieben, also das Problem Schreibhemmung oder eine kreative Blockade hat es bei uns nie gegeben. Es gibt natürlich gute und schlechte Tage, aber keine, an denen gar nichts geht.

Wie schreiben Sie, wer entwickelt die Storyline?

Barbara Schiller: Es gibt eine abgehobene Grundidee und die entwickeln wir in einer Art Ideen-Pingpong weiter. Manche tragen wir lange mit uns herum wie jene über „Targa“, eine sehr unkonventionelle Ermittlerin.  Das sind lauter Mosaiksteinchen, die am Ende zusammengeführt werden müssen.

Christian Schiller: Das ist richtige Knochenarbeit, die sehr intensiv ist und bei der wir auch emotional werden, weshalb wir uns nach der Fertigstellung eines Buches auch trennen. Da geht jeder für eine Zeit seiner Wege. Da braucht man Abstand.

Woher kommen die Ideen? Sammeln Sie wahre Fälle und lesen Sie auch Bücher der Konkurrenz?

Barbara Schiller: Ich lese nichts, weil ich nicht einmal irrtümlich in die Situation eines Plagiats kommen möchte. Das entsteht alles im Kopf. Ich liebe Serienkiller wie bei „Targa“ und auch das psychische Quälen. Ich morde auch wahnsinnig gerne. Massaker finde ich hingegen langweilig,

Christian Schiller: Ich bin eher der Soziale, der den Ausgleich schafft. Wir orientieren uns auch an unseren Fans und ihren Rückmeldungen.

Rezensionen und Social Media sind also wichtige Feedback-Kanäle? Hatten Sie auch schon Probleme mit Trollen? 

Barbara Schiller: Am Anfang gab es auf dem Markt all diese alten „Topmodels“ und wir waren diese kleine Gruppe, die durch Self-Publishing ein- und aufgestiegen ist. Wir haben sogar eine kleine, geheime Facebook-Gruppe namens Amazonas gegründet, wo wir uns austauschen. Am Anfang ist es schon hart, Ein-Sterne-Rezensionen auszuhalten und erst recht, wenn Du weißt, Dein Buch ist gut.

Christian Schiller: Gegen Trolle kann man zunächst wenig tun und es hat eine zerstörerische Wirkung. Aber man merkt es früher oder später, wenn Konkurrenten dahinterstecken. Da kann man dann auch gegenüber Amazon, denen das System heilig ist, argumentieren.

Alle Inhalte anzeigen

B. C. Schiller sind inzwischen Hybrid-Publisher, also es gibt Sie auch gedruckt. Hat Ihre Autoren-Tätigkeit dadurch eine andere Wertigkeit bekommen?

Barbara Schiller: Für mich ist das an sich nicht wichtig, dass wir mit E-Books groß geworden sind. Am Anfang unserer Karriere war es aber schon so, dass Journalisten, vor allem im Raum Frankfurt, mehr oder weniger bösartig gemeint haben, dass Self-Publishing-Autoren Schrott produzieren. Aber das hat sich nachhaltig gewandelt.

Christian Schiller: Natürlich ist es nett, sein gedrucktes Buch in der Hand zu haben und klar hat es für Buchhändler zunächst ein anderes Image. Aber ob das so oder so veröffentlicht wird, hängt auch am Gegenüber.

Sie entscheiden von Buch zu Buch den Vertriebsweg? Welchen Vorteil hat Self-Publishing?

Barbara Schiller: Wir haben beispielsweise für Bastei Lübbe extra ein Buch gemacht, „Rattenkinder“. Dieser sechste Teil aus der Tony-Braun-Serie hatte ursprünglich nichts mit Amazon zu tun. Das E-Book ist dann von Bastei Lübbe online auf allen Plattformen veröffentlicht worden. Wir haben eben auch ein Buch gemacht, dass es zunächst exklusiv bei Thalia gibt, „Mädchen Schuld“. Es geht um ein neues, ungleiches Frauen-Duo und einen Verbrecher in unserer zweiten Heimat Mallorca.

Christian Schiller: Mit Self Publishing bleiben die Rechte bei den Autoren. Bei Amazon ist zum Beispiel von Anfang an klar, wer wie viel vom Verkaufspreis bekommt. Der größte Vorteil ist aber, dass man Ideen sehr schnell umsetzen kann, wie das bei „Böses Geheimnis“ der Fall war, das im Jänner erschienen ist.

Barbara Schiller: Das ist eine neue Serie, die in Wien spielt und unser erstes unblutiges Werk ist. Trotzdem ist es erfolgreich und es fragen auch ständig Buchhändler darum an. Für uns würde sich der Druck und Vertrieb nicht rechnen. Amazon hat aber mittlerweile auch einen Verlag, Amazon Publishing, und die haben nun Ihr Interesse an der Serie deponiert. Mal schauen, was als Nächstes kommt.

Danke für das Gespräch.

INFO

B. C. Schiller: Das Autoren-Duo Barbara (51) und Christian Schiller (63) ist mit seinen Thrillern fixer Bestandteil der E. Die beiden Oberösterreicher publizieren seit 2011. 2012 verkauften sie ihre Werbeagentur Blue Velvet in Linz. Sie fokussieren sich seitdem erfolgreich auf die Buch-Produktion und zählen zu den erfolgreichsten Self-Publishing-Autoren im deutschsprachigen Raum.

Self-Publishing: Die Karriere starteten B. C. Schiller mit kindle direct publishing. Hier ist alles bis auf den Erfolg vorab geregelt. Ist der groß, winkt vielleicht der Kindle Storyteller Award. Der wurde eben bei  der Frankfurter Buchmesse verliehen mit B. C. Schiller in der Jury. Der Preis ging an Ella Zeiss’ historischen RomanWie Gräser im Wind“. Zu Preisgeld und Werbebudget gibt es ein Verlagsangebot von Amazon Publishing, eine englische Übersetzung und die Umsetzung als deutsches Hörbuch (Audible).