Romy für einfühlsames Film-Porträt der Fantastischen Vier
So nah wie noch kein anderer kam Regisseur Thomas Schwendemann (siehe rechts) an Die Fantastischen Vier heran, als er sie bei den Arbeiten am Album „Captain Fantastic“ und der darauffolgenden Tour begleitete.
Was Thomas D, der mit Schwendemann auch für seine ARD-Sendung „Wissen vor Acht“ zusammenarbeitet, daraus über seine Freunde lernen konnte, und wie die Fantas jetzt an einem neuen Album arbeiten, erzählt er hier.
KURIER: Gratulation! Was bedeutet die ROMY für Sie?
Thomas D: Das ist ein besonderer Preis für uns, denn er ist renommiert und als Film- und TV-Preis etwas, das man als Musiker nicht einfach so bekommt. Wir waren ja eher wenig begeistert, als Thomas Schwendemann mit der Idee ankam. Der erste Gedanke war: Wer braucht einen Film über die Band? Aber dann dachten wir, zum 30-jährigen Jubiläum ist das vielleicht ein guter Ansatz. Dann haben wir etwas für die Fans, wenn es in diesem Jahr keine neue Musik gibt. Wir hätten aber nie damit gerechnet, dass Schwendemann so einen tollen Film macht. Als wir ihn gesehen haben, waren wir selbst total angetan von dieser Ehrlichkeit und diesem direkten, persönlichen Blick auf die Band. Was in einer Gruppe, die über 30 Jahre zusammen ist, an Gefühlen und Emotionen auch zwischen den gesagten Worten abläuft, ist schon komplex. Erstaunlich, dass er das so einfangen und ausdrücken konnte, dass es sogar für uns, als wir uns selbst betrachtet haben, etwas Besonderes war.
Woran lag es, dass Schwendemann so nah an Sie und ihre Freunde herankam?
Er ist ein dezenter Typ, obwohl er groß und vom Auftreten her nicht unauffällig ist. Die Unauffälligkeit lag eher in diesem stillen Beobachten. Er hatte ein kleines Team. Und wenn dann immer derselbe Tonmann und immer der gleiche Kameramann rumstehen, kennt man diese Typen irgendwann und sie sind halt immer dabei. Deshalb achtest du dann nicht mehr auf sie und denkst nicht, oh, jetzt bin ich vor der Kamera, sondern gehst ganz normal mit deinen Jungs um, wie du es sonst auch immer machst.
Konnten Sie aus den Einzelinterviews etwas über die anderen erfahren, was sie vorher noch nicht wussten?
Auf jeden Fall. Zum Beispiel, dass Andy sich manchmal einsam fühlt. Andy ist für mich sowieso der Star des Films, weil er sonst in der Öffentlichkeit im Hintergrund fungiert. Hier zeigt er sich total offen und verletzlich, gibt zu, dass es ihm schon zu schaffen macht, dass da Rapper sind, die sich immer nach vorne drängen. Es kommt auch raus, dass es ihm wehgetan hat, dass er früher als Soundtüftler und Produzent die Musik der Fantas ganz alleine gemacht hat, aber später andere Produzenten dazugekommen sind. Mir hat es auch am Anfang wehgetan, als der Michi sagte, dass wir andere Texter einladen sollen. Ich dachte zuerst, das kann man doch nicht machen. Aber dann arrangierst du dich damit. Im Film aus Andys Sicht zu sehen, wie er damit klarkommt, es genauso aber auch traurig findet, hat bewirkt, dass ich ihn mit anderen Augen sehen kann, und uns noch enger verbunden.
Haben Sie Ähnliches aufgrund der Einzelinterviews mit Smudo und Michi erlebt?
Ja, so ging es mir mit der ganzen Band. Bei Andy war es allerdings schon sehr drastisch – vielleicht auch, weil wir anderen als Rapper Persönlichkeiten sind, die viel eher alles nach außen tragen. Was die Fantas da haben, ist ja nicht einzigartig, das gibt es in jeder langjährigen Beziehung, sei es mit Partnern oder mit Freunden. Da gibt es Sachen, die stören dich am anderen. Manchmal denkst du, wieso ist der so? Die Hintergründe dazu von den betreffenden Personen erklärt zu bekommen, hat bewirkt, dass ich das verstehen kann.
Warum konnten Sie darüber nicht schon früher sprechen?
Als sensibler Künstler scheut man Konflikte. Wenn du eine Band funktionieren lassen willst, musst du schon auch zurückstecken. So haben wir akzeptiert, dass der andere so ist, ohne es tiefgründig zu erforschen. Ich akzeptiere, dass Smudo, wenn ich ihn treffe, gestresst ist und seine Ruhe haben will. So ist er halt. Ich frage ihn darüber nicht aus. Da musste einer von außen kommen und diese Fragen stellen.
In dem Film kommt auch raus, dass Sie mit dem Erfolg von „Die da !?!“ gar nicht so glücklich waren, weil Sie danach nur mehr als Spaßmacher ohne Substanz gesehen wurden. Was ist die peinlichste Erinnerung an diese Karriere-Phase?
Es gab im ZDF eine Schlagerparade mit Dieter Thomas Heck, die hieß „Musik liegt in der Luft“. Die Plattenfirma hat uns gebeten, dabei mit „Die da !?!“ aufzutreten. Dort gab es eine Kulisse mit einer Leiter, was aussah wie im Malerfachgeschäft, und natürlich – das ultimative Hip-Hop-Klischee – eine brennende Mülltonne! Wir tanzten unter der Leiter durch und um die Mülltonne herum, während wir „Die da !?!“ aufführten. Wir dachten, von unseren coolen Freunden in Stuttgart kriegt das eh keiner mit. Wer von denen schaut schon „Musik liegt in der Luft“? Aber am nächsten Tag beschwerten sich prompt alle bis hin zum letzten Punk: „Ich habe euch gestern bei Dieter Thomas Heck gesehen, das war total peinlich!“ Unser Ruf als coole Indie-Rapper war damit endgültig ausradiert.
Ihr Wien-Konzert zum 30-jährigen Bandjubiläum wurde von diesem Mai auf 17. 6. 2021 verschoben. Das Jubiläum war aber ohnehin schon 2019.
Ja, wir wären mit der Jubiläumstour sowieso ein bisschen hinten nach gewesen, weil wir für die letzte Platte länger gebraucht haben. Aber wir haben dafür Ideen und eine Umsetzung und werden dieses Jubiläum sicher feiern, wenn wir wieder auf Tour gehen können. Uns ist egal, wann das ist. Wir arbeiten stattdessen jetzt an einer neuen Platte – momentan halt jeder für sich.
Schlägt sich die Krise in den Themen des Albums nieder?
Ich werde auf keinen Fall einen Corona-Song machen. Aber man erfährt gerade so viele Emotionen und neue, andere Gefühle. Es sind Songs über Angst und Zweifel, über Mut und Hoffnung, über den Willen, in einer Zeit, in der vieles bröckelt, etwas zu bewahren. Und über Verluste, weil es Menschen gibt, die wir durch dieser Krankheit verloren haben. Aber auch unser Manager hatte Corona, und ein Freund von mir lag auf der Intensivstation. Das ist Stoff für neue Songs.
Aber sowohl Ihr Manager Bär Läsker als auch Ihr Freund sind wieder gesund?
Ja. Bär hatte eine arge Achterbahnfahrt. An einem Tag sagte er mir, es geht eh ganz gut, am nächsten hat ihm alles wehgetan und er hatte starke Gliederschmerzen. Und ein sehr guter Freund von mir war in Ischgl und hat das mit seiner ganzen Reisegruppe nach Hause gebracht. Er hatte Asthma, was ich gar nicht wusste, weil es für ihn im täglichen Leben kein Thema war. Plötzlich hat er keine Luft mehr gekriegt, lag vier, fünf Tage auf der Intensivstation und musste beatmet werden. Aber ja, sie haben es überwunden.
Info: Die Doku "Wer 4 sind" ist auf Sky abrufbar. Sky One HD straht sie zudem am 31. Mai um 21.45 Uhr aus