Kultur

Patrice Chéreau: Er dachte nicht ans Aufgeben

Noch vor drei Monaten hatte er das Publikum in Aix-en-Provence zu Beifallsstürmen hingerissen: Patrice Chéreaus Neuinszenierung von „Elektra“ (Richard Strauss), war ein fulminanter Erfolg. Nur wenige wussten, dass der 68-Jährige schon schwer krank war.

Montagabend starb der französische Film-, Theater- und Opernregisseur in Paris an den Folgen von Lungenkrebs. Sein Tod löste in Frankreich Betroffenheit ausgelöst: Staatspräsident François Hollande würdigte Chéreau als einen der größten Künstler des Landes.

Ex-Kulturminister Jack Lang ehrte ihn als Dichter und Maler der Bühne. Für Stéphane Lissner, derzeit Intendant der Scala und Ex-Festivalleiter in Aix, war er „ein Genie“. Sohn zweier Künstler, war auch Chéreau ein Mann des Bildes: Schon als Fünfzehnjähriger zeichnete er Bühnenbilder. Bildgewaltig waren seine Bühneninszenierungen ebenso wie seine Filme: Die opulente „Bartolomäusnacht“ (zwei Goldene Palmen, fünf Césars) ebenso wie das schonungslose Beziehungsporträt „Intimacy“, für das er bei der Berlinale 2001 den Goldenen Bären bekam. Legendär wurde sein „Ring des Nibelungen“ zum 100-jährigen Bestehen der Wagner-Festspiele in Bayreuth 1976.

In Österreich begeisterte Chéreau unter anderem 2006 bei den Salzburger Festspielen mit „Così fan tutte“. Seine Inszenierung von Janaceks „Aus einem Totenhaus“ für die Wiener Festwochen 2007 wurde „Aufführung des Jahres“. Trotz Krankheit dachte Chéreau nicht daran, die Arbeit zu unterbrechen: Im Pariser Odéon wollte er im März Shakespeares „Wie es euch gefällt“ inszenieren. (Runterscrollen um weiterzulesen)

Patrice Chéreau: Seine Karrierestationen

Alle Inhalte anzeigen

Chéreaus legendärer „Ring“

Seine Inszenierung der Wagner-Tetralogie in Bayreuth gilt als „Jahrhundert-Ring“. Das hatte zunächst weniger mit der Qualität zu tun als mit dem Datum: 1976, als er seine Nibelungen-Interpretation herausbrachte, feierte man „100 Jahre Festspielhaus“. Im ersten Jahr wurde die Regie ausgebuht. Jedes Jahr gab es mehr Applaus für eine aus heutiger Sicht recht traditionelle, den ganzen Wagner-Historienplunder aber aussparende Regie. Chéreau war damals 31, Bayreuth sein Durchbruch. Zumindest ebenso radikal weil unromantisch war die Lesart des Dirigenten Pierre Boulez.