Kultur

ORF-Alleingeschäftsführung? Experte hat Einwände

Der ORF-Wahlkampf zwischen Alexander Wrabetz und Richard Grasl dreht sich derzeit um eine nicht ganz triviale Frage: Alleingeschäftsführung wie bisher (Modell Wrabetz) oder ein Board, in dem Entscheidungen gemeinsam gefällt werden (Modell Grasl).

Der KURIER hat den Juristen Bernhard Hainz um seine Einschätzung gefragt, ob die Alleingeschäftsführung beim ORF noch zeitgemäß ist. Der Experte verneint. Es sei zwar gesetzlich nur im Bankwesen vorgeschrieben, dass ein größerer Personenkreis die Geschäfte führt, allerdings habe sich die Wirtschaft allgemein vom System Alleingeschäftsführer verabschiedet.

Stattdessen sei das "Vieraugenprinzip" üblich, meint Hainz: "Das ist meistens ein Vorstand, der aus zwei oder drei Personen besteht, die nicht alleine agieren, sondern gemeinsam."

Schutz

Dies schütze das Unternehmen und die dahinterstehenden Gesellschafter, argumentiert der Jurist. "Wenn jemand alleinbefugt ist, kann ein angeblicher Vertragspartner behaupten, ich habe – in dem Fall – mit dem Generaldirektor einen Millionenvertrag abgeschlossen." Zwar kontrollieren die Wirtschaftsprüfer die jährlichen Bilanzen, allerdings nur im Hinblick auf die Richtigkeit die Verbuchungen oder des Rechnungswesens. "Der Wirtschaftsprüfer beurteilt nicht die Qualität der Geschäfte."

Auch in den heimischen Kulturbetrieben sei man weitgehend von der Alleingeschäftsführung abgekommen. Das Vieraugenprinzip wurde in den Bundestheatern (wie Staatsoper und Burgtheater) und Bundesmuseen zuletzt gestärkt bzw. auf neue personelle Beine gestellt. Bernhard Hainz vertritt unter anderem das Wiener Burgtheater.