Netflix sucht neuen Stoff abseits der geschlossenen US-Studios
Von Georg Leyrer
In der Kulturbranche gibt es, im Gegensatz etwa zum Silicon Valley, keine Gewinner in der Coronakrise: Derzeit ist jeder Bereich – in unterschiedlicher, aber ähnlich schädlicher Weise – von existenzbedrohenden Einkommensverlusten, Unabwägbarkeiten und politischer Fürsprache nur in homöopathischen Dosen betroffen.
Daher ist es in dem Sinn keine „gute“, aber zumindest eine unerwartete Nachricht, dass der Streaminggigant Netflix in der nahen Zukunft vermehrt auf europäische und internationale Produktionen setzen wird. Und diesen somit in einer dürren Produktionslandschaft zu zumindest zarten Knospen verhelfen wird.
Netflix macht dies nicht freiwillig. Denn – der KURIER berichtete – in den USA ist man von der Wiederaufnahme von größeren Drehs noch einige Zeit entfernt. Mit einiger Verzögerung – fertige Produktionen werden oft erst Monate später gesendet – wird der stetige Strom an neuen Folgen, mit dem Netflix sein Geschäft macht, deutlich schwächer werden.
Die Quelle, aus der dann neuer Stoff zum Streamen kommen soll, soll dann anderswo angezapft werden: In Schweden, Island, Südkorea, oder Japan etwa, wie Netflix-Inhalte-Chef Ted Sarandos nun erklärte. Denn die Coronasituation stelle sich dort anders dar als auf absehbare Zeit in den USA. So konnten Drehs in Island wieder aufgenommen werden, da dort weit verbreitet getestet werde – und so der Gesundheitszustand der Filmcrews laufend überprüft werden könne, schreibt Sarandos in der Los Angeles Times.
In Schweden wiederum haben sich die Mitarbeiter der (stark verkleinerten) Crews 14 Tage vor dem Dreh in Isolation begeben, die auch in Folge nicht durchbrochen wurde.
Es sei in dem Sinn ein Vorteil, dass der Zugang zu den Drehorten schon traditionell stark kontrolliert werde, sagt Sarandos.
Weniger Jobs
Gemeinsam ist all diesen Anstrengungen, dass die Anzahl der Mitarbeiter radikal reduziert wurde, auch etwa bei der Produktion von TV-Nachrichten. So treibt nicht nur die mächtigen US-Filmgewerkschaften die Sorge um, dass es auch nach der Krise weit weniger Jobs in der Branche geben wird. Einige Maßnahmen, etwa größere Distanzen am Set, werden bleiben. Wie das im Extrem aussehen könnte, macht Tom Cruise vor: Der will für seinen nächsten Film gleich im Weltall drehen.