Kultur

Michael Buchinger: Von YouTube auf die Kabarettbühne

So sehr er von seinen hauptsächlich jungen Fans verehrt wird, so groß ist oft auch das Unverständnis der älteren Generation, wenn Michael Buchinger erklärt, womit er sein Geld verdient.

„Wenn du sagst, du machst was im Internet, dann haben manche schon ein genaues Bild von dir: Das ist ein fürchterlicher Mensch, der Jugendlichen das Geld aus der Tasche zieht und nur blöde Videos von sich macht, wie er in einer Badewanne voll Nutella sitzt“, erzählt der 25-Jährige im Gespräch mit dem KURIER.

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„YouTuber“, diese Berufsbezeichnung sei oft negativ behaftet. „Was eigentlich Unsinn ist. Wenn jemand beim Fernsehen oder bei einer Zeitung arbeitet, kann die Bandbreite ja auch sehr groß sein.“ Buchinger, der aus dem Burgenland kommt, bezeichnet sich selbst auch lieber als Entertainer.

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Seit neun Jahren betreibt er seinen selbstbetitelten Kanal auf der Videoplattform , den er mehrmals pro Woche mit humorigen Clips füttert. Darin erzählt er Episoden aus seinem Leben, testet – mal mehr, mal weniger erfolgreich – Kochrezepte oder schnuppert in verschiedene Berufe hinein.

Sein Markenzeichen sind aber wohl seine „Hass-Listen“, in denen er Monat für Monat die kleinen Ärgernisse des Alltags verarbeitet: Menschen, die auf der Rolltreppe links stehen, über engagierte Kellner oder öffentliche Toiletten, die zu wenig Privatsphäre bieten.

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Was als Hobby begonnen hat, ist zum Beruf geworden: Buchinger kann von den Werbeeinschaltungen vor seinen Videos und Kooperationen mit Firmen leben. Sein meistgesehenes Video, eine Parodie über Facebook, hat über eine Million Aufrufe. Wahrer Erfolg scheint sich für viele Internet-Stars jedoch über die analoge Welt zu definieren: Ein eigenes Produkt auf den Markt zu bringen, gilt als Statussymbol.

Dass es mittlerweile kaum mehr große YouTuber gibt, die noch kein Buch lanciert haben (siehe Artikel rechts unten), findet auch Buchinger amüsant: „Das ist vielleicht eine Folgeerscheinung von dieser ganzen Kritik, die immer an YouTubern geübt wird, zu sagen: ‚Ich bin jetzt auch in den traditionellen Medien vertreten, also nehmt mich bitte ernst‘.“

Buchinger schreibt für verschiedene Zeitschriften (u. a. hat er eine Kolumne im Lifestyle-Magazin miss), im Vorjahr hat auch er sein erstes Buch – „Der letzte macht den Mund zu“ – veröffentlicht.

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„Die Leute können sich jetzt eher vorstellen, was ich mache, wenn ich ihnen sage: ‚Ich habe auch ein Buch, und zwar eine Anekdoten-Sammlung‘.“ Durch Literaturveranstaltungen erreiche er mittlerweile auch älteres Publikum, der Großteil bestehe aber nach wie vor aus Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die ihn von YouTube kennen – und normalerweise wohl eher nicht zu einer Lesung gehen würden.

Meine Idealvorstellung ist, dass jemand mein Buch entdeckt, es liest und sich denkt: ,Lesen ist doch nicht so anstrengend.‘


„Bei meinen Signierstunden habe ich viele junge Leute getroffen, die gesagt haben: ‚Eigentlich lese ich nicht‘. So wie manche sagen: ,Ich esse kein Fleisch’“, erzählt Buchinger. „Meine Idealvorstellung ist, dass jemand mein Buch entdeckt, es liest und sich denkt: ‚Das ist doch nicht so anstrengend‘.“ Im November erscheint sein zweites Buch, „Lange Beine, kurze Lügen“.

Aktuell versucht sich Buchinger, der laut eigenen Angaben in der Schule Angst vor Referaten hatte, aber auf der Kabarettbühne – so auch heute, Dienstagabend, im ausverkauften Kabarett Niedermair.

„Natürlich sind YouTube und Kabarett nicht dasselbe. Aber ich habe schon die letzten Jahre damit verbracht, Witze zu schreiben, Dinge auszuformulieren und dann vorzutragen. Da habe ich Werkzeuge mitgenommen, die ich jetzt verwenden kann.“

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Kunst vs. Algorithmus

Wie in seinen Videos präsentiert Buchinger auch in seinem 90-minütigen Bühnenprogramm Momentaufnahmen aus seinem Leben – „aber es ist um einiges gehaltvoller und reflektierter.“ Den künstlerischen Anspruch müsse er bei YouTube nämlich manchmal zurückschrauben: Für die gewünschte Reichweite sollten im Idealfall drei neue Videos pro Woche auf der Plattform hochgeladen werden. „Aber du kannst halt nicht drei gute Ideen pro Woche haben.“

Ich bin auf YouTube ja auch schon ein alter Mann. Die Leute, die dort gerade megaerfolgreich sind, sind teilweise 16. 


YouTube eines Tages den Rücken zuzukehren, kann sich Buchinger durchaus vorstellen: „Wenn die Leute mich nicht mehr wollen, höre ich auf. Ich bin auf YouTube ja auch schon ein alter Mann“, erklärt er lachend. „Die Leute, die dort gerade megaerfolgreich sind, sind teilweise 16.“

Selbst mit Internet-Videos Karriere zu machen, den Wunsch hätten einige junge Fans. „Natürlich gebe ich oft Tipps. Aber ich glaube, ich hatte es leichter. Als ich 2009 damit angefangen habe, haben das sehr wenige Leute gemacht. Wenn du jetzt mit YouTube startest, ist das sicher ein hartes Pflaster.“

Was bei Buchinger übrigens als nächstes auf der Wunschliste steht: eine eigene Sendung „im guten, alten“ Fernsehen.