Kultur

Medienminister Drozda: "Der ORF-Stiftungsrat ist besser als sein Ruf"

KURIER: Demnächst wird der ORF-Generaldirektor neu gewählt. Gehen Sie davon aus, dass Alexander Wrabetz das Rennen macht? Thomas Drozda: Ich gehe davon aus, dass er die Unterstützung der Mehrzahl der Stiftungsräte haben wird. Ich glaube, dass jemand, der in dieser Funktion zehn Jahre Erfahrung hat– und davor einige Jahre als kaufmännischer Direktor tätig war – hoch qualifiziert ist und daher für die Wiederwahl gute Chancen hat.

Wrabetz wird von der SPÖ unterstützt, sein Gegenkandidat Richard Grasl von der ÖVP. Könnten Sie auch mit ihm als ORF-Chef leben?

Am Ende muss man mit jedem, der diese Funktion hat, professionell zusammenarbeiten. Die kurze Antwort ist: "J a."

Sie wollten die Presseförderung erhöhen, ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling hat Ihnen ausgerichtet, dass dafür kein Geld vorhanden ist.

Es gehört zu den Budgetverhandlungen dazu, dass der Fachminister eine Idee zur Mittelverwendung hat und dass der Finanzminister einmal die Idee hat, möglichst wenig bereitzustellen. Ich habe jedenfalls für heuer vor, das ganze Thema Medienförderung anzugehen. Ich möchte im September eine Enquete dazu einberufen. Es soll debattiert werden, wie man journalistische Qualität sicherstellen und eine seriöse Finanzierung vornehmen kann. Das impliziert, dass ich den Betrag, der derzeit ausgegeben wird, für nicht ausreichend halte.

Wie schwer ist es derzeit, Medienpolitik mit der ÖVP zu machen? Mit wem spricht man da eigentlich?

Einer meiner Hauptansprechpartner ist natürlich der Finanzminister, wenn es um das Budget geht. Und wie in den meisten Lebenslagen ist es Staatssekretär Harald Mahrer (Regierungskoordinator auf ÖVP-Seite).

Und Klubobmann Reinhold Lopatka?

Mit dem habe ich zu dem Thema noch kein Gespräch gehabt.

Wären Sie für eine ORF-Reform? Der politisch besetzte Stiftungsrat sorgt immer wieder für Debatten.

Ich muss Ihnen sagen, dass der Stiftungsrat deutlich besser ist als sein Ruf. Das habe ich als jemand, der selbst dort viel gearbeitet hat, auch festgestellt. Bis zu einem gewissen Grad muss eine Eigentümerrolle von denen wahrgenommen werden, die für die Finanzierung aufkommen. Ich sehe aber auch , dass in den letzten Jahren von den ORF-Journalisten sehr klar gesagt wurde, dass sie schon lange nicht mehr so unabhängig arbeiten konnten wie heute. Insofern glaube ich, dass der ORF gut da steht.

Dass in schöner Regelmäßigkeit bis auf Hauptabteilungsleiterebene hinunter parteipolitisch zugeordnet wird, werden Sie nicht abstreiten können.

Ich bin nicht so naiv, dass ich nicht wüsste, dass der eine oder andere dort eine politische Meinung hat. Am Ende ist die Frage, ob es die journalistische Arbeit beeinflusst. Da muss ich sagen, ich kenne einige von der einen "Reichshälfte", wenn Sie so wollen, und einige von der anderen. Alle zusammen sind gute Journalisten und machen ihren Job ordentlich.

Die Geschichte hat den Schönheitsfehler, dass es die zwei berühmten Hälften heutzutage nicht mehr gibt.

Es sind wahrscheinlich zwei Viertel. Das ist eine zutreffende Beobachtung.

Sehen Sie einen Grund, an der Alleingeschäftsführung im ORF zu rütteln?

Ich finde eine Führungsstruktur, in der klar ist, dass es am Ende eine Person gibt, die entscheidet, jedenfalls besser als eine, in der sich vier Personen im Abtausch überlegen, wie sie ihre Projekte durchbringen, indem sie etwas durchwinken oder verhindern.

Es wird kolportiert, dass die Regierung eine dritte Person sucht, die für den ORF in Frage kommt. Konkret soll die SPÖ suchen. Was ist da dran?

Es ist nicht die Aufgabe der SPÖ, Kandidaten zu suchen. Es gibt dort einen Stiftungsrat und es gibt einen Generaldirektor, der angekündigt hat, zu kandidieren. Ich beschäftige mich mit der Frage nicht. Es mag sein, dass das diskutiert wird, aber nicht von mir.

Was können Sie als Medienminister dazu beitragen, Hygiene auf dem Sektor der Regierungsinserate herzustellen? Strategisch stehen Sie vor der Frage, ob Sie den Boulevard mittels Inseraten oder die anspruchsvollen Zeitungen über die Presseförderung bedenken.

Mein Beitrag ist, diese Diskussion zu führen, wie man die Inserate auf eine vernünftige und längerfristig überprüfbare Basis stellt und perspektivisch reduziert. Das andere ist, dass man versucht, Medienförderung und Journalismusförderung nach objektiv darstellbaren Kriterien aufzustellen und sorgsam auszustatten. Meine Perspektive ist, dass tendenziell die Budgets für das eine sinken und für das andere deutlich erhöht werden. Wenn es uns gelingt, das auf der Ebene der Bundesregierung zu koordinieren, ist viel erreicht. Und wenn die eine oder andere Gebietskörperschaft sagt, eigentlich ist das eine gute Möglichkeit, das neu aufzustellen, dann ist das kein Nachteil.

Beispielhaft vorangehen.

Genau.

Sie wollen die Inserate der Bundesregierung strikt nach Marktanteilen vergeben. Wie wird das organisiert?

Man definiert durch ausgewählte Regierungsmitglieder einmal im Quartal oder im Halbjahr die Schwerpunkte der Regierungsarbeit. Und dann informiert man entlang dieser großen Regierungslinien. Und nicht: "Wir sind die Polizei" oder "Unser Heer".

Dieses Interview wurde gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen von "Standard", "Horizont", "Dossier" und "Der Österreichische Journalist" geführt.