Kultur/Medien

ÖVP gegen "Falter": Nehammer und Melchior als erste Zeugen

Nach der Unterlassungsklage der ÖVP gegen die Wochenzeitung Falter zu deren Bericht über eine angebliche "geheime Wahlkampfkassa" fand am Donnerstag der erste Verhandlungstermin statt.

In der vorbereitenden Tagsatzung in dem von der ÖVP angestrengten Zivilprozess am Wiener Handelsgericht legte Richterin Christiane Kaiser den Parteien "Rechtsfrieden" nahe und forderte dahin gehend "Kreativität" ein. Man könne ja etwas spenden, meinte die Richterin.

Dieses Unterfangen blieb aber vorerst erfolglos. Es kam zu keinem Vergleich, am 22. Juni trifft man einander wieder vor Gericht.

Hochrangige ÖVP-Vertreter als Zeugen

Für diesen Verhandlungstermin sind dann bereits die ersten Zeugen geladen. Neben dem bisherigen Bundesgeschäftsführer und nunmehrigen Generalsekretär Axel Melchior sollen unter anderem der ehemalige Generalsekretär und jetzige Innenminister Karl Nehammer sowie Falter-Redakteur Josef Redl gehört werden. Außerdem soll ein leitender Mitarbeiter der ÖVP-Buchhaltung Auskunft darüber geben, ob die vom Falter vorgelegten und berichteten Dokumente korrekt sind.

Darüber hinaus wurden vom Falter - sollte es dann zu einem weiteren Verhandlungstermin kommen - Bundeskanzler Sebastian Kurz, Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger und IT-Experte Avi Kravitz als Zeugen beantragt. Köstinger war im Wahlkampf für die Nationalratswahl 2017 ÖVP-Generalsekretärin. Kravitz war der von der ÖVP beigezogene IT-Sicherheitsprofi, der Anfang September 2019 zu einem mutmaßlichen Cyberangriff Auskunft erteilte.

"Falter"-Anwalt sieht grundsätzliche Frage

In der Sache legten beide abermals ihre divergierenden Standpunkte dar. Der Rechtsvertreter des Falter, der ehemalige Liste-Jetzt-Abgeordnete und Medienanwalt Alfed Noll führte aus, dass es beim vorliegenden Fall um eine "grundsätzliche Sache" gehe. Denn hier werde nicht moniert, dass der Falter etwas Tatsachenwidriges behauptet hätte, sondern die Klage richte sich gegen die "politische Bewertung des Tatsachensubstrats", sagte Noll: "Wenn ein Medium aber tatsachengemäß und -konform berichtet, dann muss es in Österreich - solang wir nicht bei Putin oder Orbán sind - erlaubt sein, dieses Tatsachenmaterial zu bewerten."

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Anwältin der ÖVP: Wahlkampfkosten korrekt übermittelt

Für die Rechtsvertreterin der ÖVP, Ulrike Zeller von der Kanzlei Suppan/Spiegl/Zeller, gehe es jedoch genau darum, "dass es kein Tatsachensubstrat" für jene Behauptungen und Vorwürfe gebe, die für 2019 aufgestellt wurden. Als Beispiel führte Zeller die Behauptung an, dass die ÖVP etwas vor dem Rechnungshof verbergen wollte. "Dazu fehlt jegliche Grundlage, weil sämtliche Ausgaben den gesetzlichen Vorgaben gemäß dem RH übermittelt wurden", erklärte die Anwältin.

Beide Seiten fordern Ehrenerklärungen

"Für einen Vergleich kann ich gerne Vorschläge mitnehmen, sehe aber wenig Response, wenn nicht irgend eine Form der Ehrenerklärung dabei ist", meinte Zeller.

Noll kann sich eine Ehrenerklärung des Falter gegenüber der ÖVP "nicht vorstellen". Vielmehr sollte es umgekehrt sein, erklärte Noll: "Bei aller Anstrengung der Fantasie kann ich mir eine Ehrenerklärung der ÖVP gegenüber dem Falter vorstellen, dass die vom Falter implizierten Tatsachen korrekt wiedergegeben wurden und dass man halt bei der Bewertung dieser Tatsachen unterschiedlicher Auffassung ist. Das kann man dann so stehen lassen." Das wäre eine Variante, die er dem Falter empfehlen könne. Diesbezüglich werde er der ÖVP in den nächsten Tagen einen Textvorschlag unterbreiten.

Zeller betonte, das weiter geben zu wollen. Sollte es nicht doch noch zu einer außergerichtlichen Einigung kommen, treffen die ÖVP und der Falter einander dann Ende Juni erneut vor Gericht.

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Interne Dokumente veröffentlicht

Die ÖVP hatte die Klage gegen die Wochenzeitung Mitte September eingebracht, nachdem der Falter zuvor interne Dokumente zu Wahlkampfkosten und Parteifinanzen der Türkisen veröffentlicht hatte und zum Schluss gekommen war, dass die Volkspartei in den Wahlkämpfen 2017 und 2019 quasi eine doppelte Buchführung unterhielt, um das Überschreiten der gesetzlich erlaubten Wahlkampfkostenobergrenze zu verschleiern. Der Falter ging davon aus, dass die ÖVP sowohl 2017 als auch 2019 frühzeitig mit einem Überschreiten der Wahlkampfkostenobergrenze kalkulierte.

Die Volkspartei wiederum vermutetet, dass die dem Falter vorliegenden Dokumente aus einem Cyberangriff auf die Parteizentrale stammten. Die ÖVP sprach von fehlerhafter beziehungsweise manipulativer Berichterstattung und klagte. Demnach dürfe der Falter nicht mehr behaupten, dass die ÖVP 2019 bewusst die Überschreitung der Wahlkampfkostenobergrenze von sieben Millionen Euro plane, dass die ÖVP die Öffentlichkeit bewusst über ihre Wahlkampfausgaben täusche und dass die ÖVP die Überschreitung der Wahlkampfkostenobergrenze vor dem Rechnungshof verbergen wolle. Die ÖVP fordert den Widerruf dieser Behauptungen, eine entsprechende Veröffentlichung sowie Kostenersatz.