"Nobody Wants This": Ein Rabbi beim Vibratorkauf
Von Nina Oberbucher
Es ist nicht die naheliegendste Kombi der schicken Dinner-Party: Joanne (Kristen Bell) betreibt mit ihrer Schwester einen Sex-Podcast und hat mit Religion gar nichts am Hut. Noah (Adam Brody) ist aufstrebender Rabbi und kommt gerade aus einer Langzeitbeziehung. Diese beiden lernen sich in der neuen Netflix-Serie „Nobody Wants This“ an einem lauen Abend bei Freunden kennen – und können trotz aller Unterschiede und familiärer Sabotageversuche nicht mehr voneinander lassen.
Was wie die Inhaltsangabe einer 08/15-Hochglanz-Romanze klingt, entpuppt sich als entzückendes Gute-Laune-Fernsehen. Zwischen hübschen Aufnahmen aus dem sonnigen Kalifornien entwickelt sich eine herzerwärmende Liebesgeschichte. Noah ist fasziniert von der selbstbewusst auftretenden Joanne in ihrem übertriebenen (Fake-)Pelzmantel, sie kann die Augen nicht von dem fluchenden und rauchenden Rabbi abwenden. Ein wenig fühlt man sich da zunächst an die britische Serie „Fleabag“ erinnert: Während dort ein „Hot Priest“, also ein sexy Priester, im Mittelpunkt stand, ist es nun ein „Hot Rabbi“ – wie er in seiner Gemeinde übrigens auch genannt wird.
Die unterschiedlichen Welten, aus denen Joanne und Noah kommen, sind schon nach kurzer Zeit Thema: „Bist du nicht mal ein bisschen jüdisch? Gibt’s keine Tante, Urgroßmutter oder gefälschte Dokumente?“, fragt Noah bei ihrem ersten Treffen vorsichtig. Und auch Joanne hofft auf eine einfache Lösung aus dem offensichtlichen Dilemma: „Du ringst nicht zufällig mit deinem Glauben und überlegst, ihn aufzugeben?“ Die Antworten auf beide Fragen versprechen Komplikationen.
Bildschirm-Chemie
Erdacht wurde die Serie von Erin Foster, die selbst für ihren jüdischen Ehemann konvertiert ist. Für die mitunter harte Darstellung der jüdischen Frauen in der Serie musste sie teilweise Kritik einstecken. Sie habe die Geschichte auf Basis ihrer eigenen (positiven) Erfahrung erzählen wollen – gesprenkelt mit etwas Humor, entgegnet sie.
Bell und Brody haben eine unglaubliche Bildschirm-Chemie, der man sich in den zehn angenehm dahinplätschernden Folgen nicht entziehen kann. Dazu gesellen sich einige schrullige Nebencharaktere: Über Joannes Schwester Morgan etwa muss man immer wieder schmunzeln: „Was? Sie ist nicht auf Instagram? Woher wissen die Leute dann, wann sie auf Urlaub ist?“
„Nobody Wants This“ hat aber auch einige Fremdscham-Momente zu bieten. So besorgt Joanne fürs erste Treffen mit den jüdischen Schwiegereltern ausgerechnet Prosciutto. Noah muss Joanne wiederum in den Sexshop begleiten, als sie für die Podcast-Recherche einen neuen Vibrator benötigt – und trifft dort ausgerechnet auf einen Vorgesetzten aus der Gemeinde. Das hat überraschenderweise sogar positive Konsequenzen.