Kultur/Medien

Der Neue an der Spitze des KURIER: Martin Gebhart im Porträt

Es ist sicherlich unziemlich, den neuen Chefredakteur des KURIER Medienhaus mit einem batteriegetriebenen Hasen zu vergleichen, aber es liegt halt leider auch nahe. Man kennt derartige Energie nämlich nur aus der Duracell-Werbung: Martin Gebhart ist, trotz herausfordernder Leitungsfunktion, ein Vielschreiber, er berichtet, kommentiert und analysiert, führt Fernsehinterviews, bespricht Podcasts und füllt so nebenbei auch noch regelmäßig große Teile der Niederösterreich-Ausgabe des KURIER, schaut in der Kulturredaktion vorbei, um aktuelle Themen zu besprechen, und vertrat den KURIER auch bisher schon nach außen (hier finden Sie alle Artikel von Martin Gebhart).

Woher er die Energie dafür nimmt, wollte Gebhart, der mit 1. März die Chefredaktion des KURIER Medienhaus übernimmt, nicht verraten.

Journalismusstart

Gebhart wurde am 20. 8. 1961 in Wiener Neustadt geboren und wuchs in Krumbach (Buckelige Welt) auf. Noch als Student – Publizistik und Theaterwissenschaft – ergatterte er 1981 ein Praktikum bei den Niederösterreichischen Nachrichten (NÖN), worunter das (letztlich abgebrochene) Studium litt (in positiver Erinnerung ist ihm eine Seminararbeit über „Robert Musil und das Schwärmen“). Aber dafür nahm seine Laufbahn ihren Anfang.

Ab 1986 verantwortete Gebhart als Redaktionsleiter eine Lokalausgabe, 1995 wurde er CvD fürs östliche Niederösterreich, 2001 stellvertretender und 2006 Chefredakteur – bis 2017.

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Ausgleich zwischen Nähe und Distanz

Lokaljournalismus ist bekanntermaßen eine harte Schule. Zwei Sachen hat Gebhart daraus mitgenommen: Man müsse mit allen Seiten direkt reden, betont er, persönlich präsent sein – und gewahr, dass man den Menschen, über die man schreibt, „am nächsten Tag auf der Straße persönlich begegnen“ wird. Und man muss sich eben dieser Debatte stellen.

Denn eine hohe Kunst des Lokaljournalismus – und des Journalismus überhaupt – ist der Ausgleich zwischen Nähe und Distanz. Man dürfe „keine Angst vor Nähe haben, wenn gute Info daraus kommt“. Das Entscheidende sei, diese Info für die Leserinnen und Leser einzuordnen.

2018 dann kam Gebhart in den KURIER – zuerst als Teamleiter der Niederösterreich-Chronik, dann wurde er Chronik- und zuletzt Innenpolitikchef.

Stärken der Redaktion

Wie er das Haus kennengelernt hat? Eine Stärke des KURIER sei, dass die „Mannschaft unheimlich kompetent und diskussionsfreudig“ sei, sagt er. In der öffentlichen Wahrnehmung würden die Journalistinnen und Journalisten aber „unter ihrem Wert geschlagen“. Er sehe es als eine der Aufgaben, die Stärken jedes einzelnen Redaktionsmitglieds „nach außen zu trommeln“.

Der KURIER habe „grundsätzlich die guten Geschichten“, betont der neue Chefredakteur. Es sei die Herausforderung der kommenden Monate, „diese Geschichten so zu platzieren, dass damit ein wirtschaftliches Überleben möglich ist“.

Denn Gebhart übernimmt die Chefredaktion im KURIER Medienhaus zu einem überaus schwierigen Zeitpunkt für die Branche: Steigenden Kosten in der Produktion und im Vertrieb stehen sinkende Werbe- und Aboeinnahmen gegenüber, das erfordert einen harten Sparkurs mit Stellenabbau im KURIER. 

Auch international suchen Medien nach Geschäftsmodellen und Strukturen, die die Finanzierung von Journalismus ermöglichen.

"Eine Stimme, die man hört"

Das Hauptaugenmerk bei der kommenden Neuorganisation des KURIER müsse sein, in wichtigen Bereichen wie Politik, Wirtschaft, Sport, Chronik und Kultur „eine Stimme zu sein, die man hört“.

Dabei werde auch die Regionalisierung eine große Rolle in den Überlegungen spielen, auch wenn die Finanzierung hier „ein großes Fragezeichen“ hat, sagt Gebhart.

Kein Fragezeichen gibt es bei einem Bekenntnis des designierten Chefredakteurs: Der Fußballfan deklariert sich für „Rapid und Arsenal“. Doch noch einmal die Frage nach der Quelle seiner Kraft, wo er also nachlädt? Energie komme für Gebhart unter anderem daher, wenn „am nächsten Tag ein guter Text in der Zeitung oder online steht, in allen Bereichen“, sagt er.

Kraft schöpfe er auch aus der Musik der 1970er- bis 1990er-Jahre, insbesondere der von David Bowie (für den Besuch eines Konzerts musste Gebhart in seiner katholischen Schule um eine Genehmigung ansuchen).

Und auch bei Reisen: Seine Lieblingsdestination sei Israel, wo er in jungen Jahren im Kibbuz gearbeitet habe. „Das war wahnsinnig spannend“, sagt er.