Kultur/Medien

Krimi in Kingston: Die Mini-Serie „Get Millie Black“

Manchmal sind es nicht Geister, die einen verfolgen, sondern die Lebenden. Oder die Geschichte eines ganzen Landes. So erklärt es Millie Black (Tamara Lawrance), Polizistin in Jamaikas Hauptstadt Kingston. Sie wächst mit ihrem Bruder Orville bei einer gewalttätigen Mutter auf. Als Millie sich wehrt, wird sie kurzerhand zu Verwandten in Großbritannien geschickt. Jahre später kehrt sie zurück in ihre alte Heimat und entdeckt, dass Orville nicht wie von der Mutter lange behauptet tot ist, sondern eine Transfrau namens Hibiscus. Den Schock um den Verlust des Geschwisterchens wird sie dennoch nicht mehr los.

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Das erklärt, warum Millie Black sich so in die Causa der verschwundenen 16-jährigen Janet reinkniet, und - wie es sich für gutes TV-Ermittlungspersonal gehört - konsequent Dienstanweisungen ignoriert oder noch vor Eintreffen der Verstärkung ein verdächtiges Haus betritt.

Doch „Get Millie Black“ (Sky), aus der Feder des Booker-Prize-prämierten jamaikanischen Schriftstellers Marlon James, ist mehr als „bloß" eine mitreißende Kriminalgeschichte. Über Millies Schwester Hibiscus (Chyna McQueen) und ihren Kollegen Curtis (Gershwyn Eustache Jnr) erzählt die Serie von der in Jamaika vorherrschenden Queerfeindlichkeit, von obszönem Reichtum und größter Armut, von Kolonialismus und Rassismus. 

„Kommen Sie, um unseren Fall zu kolonialisieren?“, fragt die schlagfertige Millie Black, als der weiße Ermittler Luke (Joe Dempsie) von Scotland Yard auftaucht, um einen Verdächtigen außer Landes zu bringen. Jamaika ist hier keine romantische Urlaubsdestination, sondern die düstere (und teilweise an „True Detective“ erinnernde) Kulisse für einen immer größere Ausmaße annehmenden Fall.