ESC-Finaleinzug: Buhrufe gegen Israel - im ORF nicht zu hören
Von Peter Temel
Als die israelische Sängerin Eden Golan beim zweiten Semifinale des Eurovision Song Contest am Donnerstag die Bühne betrat, wurde sie mit Buhrufen aus dem Publikum bedacht. Das berichtet die schwedische Zeitung Aftonbladet unter Berufung auf ihre Reporter vor Ort. In der Sendung des schwedischen Fernsehens SVT seien aber nur die Jubelrufe zu hören gewesen, berichtet die Zeitung.
Auch im ORF, der ebenfalls das internationale Signal erhält, waren keine Unmutsäußerungen zu vernehmen. ORF-Moderator Andi Knoll, der aus Malmö berichtet, sagte während der Übertragung: "Massive Buhrufe in der Halle werden von den Menschen vom Ton durchaus mit zugespieltem Applaus überdeckt. Das ist natürlich eine Gratwanderung hier, für alle Beteiligten."
Hier das offizielle Eurovision-Video von Israels Semifinalauftritt:
Buhrufe bei Proben
Nach der Jury-Show (Generalprobe) am Vortag gab es bereits mehrere internationale Medienberichte über massive Buhrufe. Zu Aftonbladet sagte die 20-jährige Sängerin aus Israel, dass der Aufschrei nicht sie betreffe. „Es gibt auch viel Unterstützung, und ich konzentriere mich darauf und auf all die Liebe, die ich bekomme“, sagte Golan. Nach der Verkündung des Zuschauervotums am Donnerstagabend wurde klar, dass das europäische Fernsehpublikum den israelischen Beitrag "Hurricane" im Finale sehen will, das am Samstag um 21 Uhr (ORF 1) ausgestrahlt wird.
Die britische Zeitung Metro berichtet, dass nur bei der Juryshow massive Buhrufe zu hören gewesen seien. Die Veranstalter sagten der Zeitung, dass sie das Publikum „nicht zensieren“. „Wie bei allen großen Fernsehproduktionen mit Publikum arbeitet SVT am Sendeton, um den Pegel für die Fernsehzuschauer auszugleichen“, heißt es in der Erklärung der Eurovision-Organisatoren., darunter der schwedische Host-Sender SVT.
Video mit Buhrufen
Das litauische Portal Eurodiena veröffentlichte ein Video aus der Malmö Arena, in dem deutliche Buhrufe zu vernehmen sind (siehe unten). Ob die Aufnahmen bei der Generalprobe oder beim eigentlichen Semifinale entstanden sind, konnte noch nicht geklärt werden. Auf einem anderen Handyvideo hört man "Free Palestine"-Rufe.
Belgisches TV unterbricht Übertragung
Kurz vor Beginn des zweiten Halbfinales wurde im belgischen Fernsehen VRT das Bild für einen Moment schwarz und es erschien die Meldung: „Dies ist eine Gewerkschaftsaktion.“ Man verurteile die Menschenrechtsverletzungen durch den Staat Israel und fordere einen Walffenstillstand in Gaza und In Israel. „Wir beobachten die Ereignisse im Nahen Osten seit Monaten mit Entsetzen", verkündete die sozialistische Gewerkschaft ACOD. "Israels rechtsextreme Regierung verschont nichts und niemanden und wir sind davon überzeugt, dass sie einen Völkermord begeht. Deshalb ist es skandalös, dass es einen israelischen Beitrag zum Eurovision Song Contest gibt“, hieß es. „Nichtstun, nur zuschauen, ist keine Option mehr.“
Proteste in Malmö
Vor dem Beginn des 2. Halbfinales hatten sich in der Innenstadt von Malmö viele Tausend Menschen, um an einem antiisraelischen Marsch teilzunehmen. An der Spitze des Zuges, bei dem die altbekannten Parolen wie "From the River to the Sea - Palestine will be free" oder "Boycott Israel" gerufen wurden, fand sich auch "Fridays for Future"-Ikone Greta Thunberg mit Palästinensertuch.
Die Demonstrierenden zogen vom Hauptplatz der heurigen ESC-Ausrichterstadt gen Süden, um gegen die Teilnahme Israels am Eurovision Song Contest zu protestieren. Die Organisatoren des Zusammenschlusses "Stoppa Israels" haben dabei auch für Samstag Großdemonstrationen gegen Israel angekündigt und sprechen dabei von 30.000 Teilnehmenden, die sie erwarten.
Text geändert
Bereits im Vorfeld des ESC hatte die europäische Rundfunkunion (EBU) Israel dazu verpflichtet, den Text seines Beitrages zu ändern, weil man "October Rain" für eine Anspielung auf das Hamas-Massaker am 7. Oktober hielt. Nun singt die israelische Kandidatin Eden Golan "Hurricane".
Und im 1. Halbfinale gab es kleine, wenn auch versteckte Proteste. So trug der Zwischenact-Sänger Eric Saade ein Palästinensertuch ums Handgelenk. Die Idee des irischen Acts Bambie Thug, beim Song "Doomsday Blue" in einer altirischen Schrift die Worte "Waffenstillstand" und "Freiheit" am Körper zu tragen, drehte die EBU hingegen ab. Schließlich hält man die Maxime, dass der Eurovision Song Contest ein unpolitisches Event sei, hoch. Auch wenn das viele Seiten zu ändern suchen.