Kultur/Medien

"Drei Töchter" auf Netflix: Kochen, kiffen, Abschied nehmen

Es ist kein freudiges Ereignis, das die drei Schwestern in der schlichten New Yorker Wohnung zusammenführt: Ihr schwer kranker Vater Vincent liegt im Sterben und seine Töchter kommen, um Abschied zu nehmen.

Wie unterschiedlich so eine emotionale Situation für die Betroffenen aussehen kann und welche Wunden dabei aufbrechen können, davon handelt das einfühlsame Familiendrama „Drei Töchter“ („His Three Daughters“), das ab heute (Freitag) bei Netflix abrufbar ist.

Katie (Carrie Coon, bekannt aus „The Gilded Age“) etwa lenkt sich mit exzessivem Kochen und Organisationswut von der Tatsache ab, dass ihr Vater im Nebenzimmer an einer piepsenden Maschine hängt. Christina (Elizabeth Olsen, „WandaVision“) setzt auf Singen und Meditieren. Und Rachel (Natasha Lyonne, „Orange Is The New Black“) versucht es wiederum mit Kiffen und Sportwetten.

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„Ihr werdet euch jetzt brauchen. Gut, dass ihr zu dritt seid“, gibt ihnen der Hospiz-Mitarbeiter als Botschaft für die bevorstehenden Tage und Nächte mit. Doch das intensive Zusammensein auf den wenigen Quadratmetern des väterlichen Apartments läuft nicht konfliktfrei ab. Vordergründig geht es um die Bürokratie, die ein Todesfall mit sich bringt: Patientenverfügung, Sterbeannonce, Erbe. Im Zentrum steht aber vor allem das Zwischenmenschliche.

Weiche Äpfel

Die drei Frauen haben sich über die Jahre sichtlich voneinander entfernt, Unausgesprochenes und falsche Vermutungen über das Leben der anderen führen immer wieder zu Zusammenstößen. Rachel, die noch immer bei ihrem Vater wohnt und ihn bis zuletzt betreut hat, fühlt sich von den plötzlich auftauchenden und vermeintlich alles besser wissenden Schwestern bevormundet. Die wiederum glauben, Rachel habe ihren Vater vernachlässigt, als sie im Kühlschrank nichts als weiche Äpfel vorfinden. Dass sie das Einzige waren, das er zuletzt überhaupt noch essen wollte, hatten sie aus der Ferne ihres eigenen fordernden Familienalltags nicht mitbekommen.

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Große Lüge

Es ist kein einfaches Thema, das sich der US-amerikanische Regisseur und Drehbuchautor Azazel Jacobs („French Exit“) da ausgesucht hat, dennoch schafft er es – wenn auch mit ein paar Längen – eine gewisse Leichtigkeit und Optimismus in seinem Film zu vermitteln. „Drei Töchter“ ist ein berührendes Kammerspiel, das fast ausschließlich in der New Yorker Wohnung des Vaters stattfindet; erzählt mit fein ausgesuchten Bildern und leisen Tönen.

Wie schwierig bis unmöglich es ist, den Tod im Film oder in Büchern adäquat darzustellen, dessen ist sich Regisseur Jacobs auch bewusst: „Der Akt selbst, ihn in Bilder und Worte zu fassen, ist grundsätzlich falsch. Quasi eine große Lüge“, zitiert Christina an einer Stelle ihren Papa. „Wie sich der Tod wirklich anfühlt, kann nur über Abwesenheit vermittelt werden. Alles andere ist Fantasie.“

Nur kurz bekommt man Vater Vincent (Jay O. Sanders) in „Drei Töchter“ übrigens selbst zu Gesicht – in einem schönen und emotionalen Appell, mit den Liebsten über die eigenen Gefühle zu sprechen, über festgefahrene Beziehungen oder unnötige Missverständnisse.

Und das sollte man idealerweise tun, solange es möglich ist.