Kultur

"Marseille": Depardieu gibt das Monument auf Netflix

Man muss Gérard Depardieu nicht besonders sympathisch finden, um ihn als Schauspieler zu bewundern. Der Alt-Star des französischen Kinos, der in der jüngeren Vergangenheit mit seiner Auswanderung nach Russland und Steuertricks in Frankreich Schlagzeilen machte, ist ein Könner seines Fachs. Das beweist er auch in ersten Produktion, die der US-Streamingdienst Netflix in Europa produziert hat. In "Marseille" spielt Depardieu Robert Taro, den amtierenden Bürgermeister der gleichnamigen südfranzösischen Metropole. In "House of Cards"-Manier erzählt die Serie von Macht und Intrige in der Politik – in dem Fall einer Stadt, die mit Armut und Drogenkriminalität zu kämpfen hat, aber atemberaubend schön ist.

Amtsmüde

Depardieus Charakter ist nach 20 Jahren amtsmüde ist und will das Zepter an seinen Stellvertreter Lucas Barrès (Benoit Magimel) übergeben, den er über Jahre aufgebaut hat. Für die anstehenden Kommunalwahlen ist er bereits in Position gebracht. Als letzten großen Dienst an "seiner" Stadt will Taro zuvor noch den Bau eines Casinos im historischen Zentrum von Marina auf den Weg bringen, um Marseille wirtschaftlich attraktiver zu machen und das illegale Glücksspiel der Mafia einzudämmen. Doch ausgerechnet der junge Barrès fällt ihm bei der entscheidenden Abstimmung in den Rücken und verhindert das Projekt. "Auf diesen Moment warte ich seit 20 Jahren", wirft der junge Ehrgeizler am Ende der ersten von acht Folgen seinem politischen Ziehvater entgegen – und der Machtkampf beginnt.

An "House of Cards" gelangt die französiche Produktion, die seit wenigen Tagen auf Netflix abrufbar ist, nicht heran. Allerdings bietet die Serie einen faszinierenden Schauplatz für den Plot aus Mafia-Kämpfen, brutalen Intrigen und viel Sex. Erstaunlicherweise ist der im echten Leben wenig geliebte Depardieu der melancholische Sympathieträger der Serie.