Kultur

Kritik: "Der böse Geist Lumpazivagabundus"

Johann Nestroys Lumpazivagabundus ist ein Stück vom Scheitern: Die Menschen ertragen das Glück nicht. Zwirn und Knieriem gehen unter, nur der brave Tischler lebt in Frieden und Wohlstand ... wo ihn Regisseur Matthias Hartmann in ein beschauliches Puppenheim steckt. Dort tauchen auch die wiederauferstandenen Strizzi-Freunde wieder auf. Ob sie dort glücklicher als beim Brandweiner werden?

Der böse Gag am Ende, der das vermeintliche Glück des geordneten Daseins infrage stellt, macht vieles, das in diesem „Lumpazivagabundus“ in der ersten Hälfte passiert ist, wieder gut. Matthias Hartmann wirft in seiner anstrengend-bunten Inszenierung des Nestroy-Klassikers, einer Koproduktion mit den Salzburger Festspielen, die im August ebendort zu sehen war, mit Kalauern um sich. Das Feenreich wird zur EU, Glücksgöttin Fortuna in Maria Happels Darstellung zur Angela-Merkel-Parodie, die das Füllhorn über die Griechen und sonstige Halunken ausleert, die den Kredit binnen Jahresfrist verjuxen. Hernach fordert man im Stadl zum Mitsingen auf. Laut und langatmig.

Szenenbilder

Alle Inhalte anzeigen

Anders die zweite Spielhälfte: Wenn Nicholas Ofczarek Knieriems grimmig-trauriges Angst-Lied vom Weltuntergang anstimmt, ist das erstens die Wahrheit und zweitens ein österreichisches Drama. Er kann nicht anders, er wird halt gern rauschig und infolgedessen fuchtig. Selbst Michael Mertens, der im ersten Teil viel wiehert und greint, gewinnt an Intensität: Eine wandelnde Tragödie der Beziehungsunfähigkeit. Authentisch: Florian Teichmeiter als Leim.

Traurige Einsicht: Liebe wird überschätzt.

KURIER-Wertung: **** von *****