Kultur

"Für mich ein absoluter Traum"

Eine Nixe, die aus Liebe zu einem Prinzen zur – allerdings stummen – Frau wird, von diesem jedoch hintergangen wird und letztlich als Irrlicht den Menschen ewiges Verderben bringen muss: Das ist (grob gesagt) der Inhalt von Antonin Dvoráks Oper „Rusalka“, die am Sonntag in der Wiener Staatsoper Premiere hat. In der anspruchsvollen Titelpartie ist die Sopranistin Krassimira Stoyanova zu hören. Ein Gespräch über Mythen und Noten.

KURIER: Worin bestehen für Sie die Herausforderungen bei dieser Partie?

Krassimira Stoyanova: Dvorák hat da eine wundervolle Musik geschrieben. Und er hat sehr bequem für das Orchester komponiert, aber sehr unbequem für die menschliche Stimme. Aber ich habe diese Partie schon einmal gesungen, nämlich in Zürich in der Regie des jetzigen Burgtheaterdirektors Matthias Hartmann. An der Staatsoper aber ist das noch eine ganz andere Erfahrung, eine völlig andere Herausforderung.

Inwiefern?

Stimmlich habe ich viel dazugelernt. Für mich ist die Rusalka jetzt eine ganz neue Rolle. Denn ich sollte ja darstellerisch diese Wandlung von der Nixe zur Frau zum Irrlicht glaubhaft machen. Wir haben mit Regisseur Sven-Eric Bechtolf an den Charakteren gearbeitet. Das hat mir geholfen, dieses Wesen für mich erklärbarer und die jeweiligen Transformationen plausibler umzusetzen. Diese Inszenierung ist für mich ein absoluter Traum.

Weshalb?

Hartmann hat in Zürich die Geschichte moderner erzählt. Bei Sven-Eric Bechtolf ist das Ganze sehr märchenhaft – das finde ich schön. Denn wir erzählen ja auf der Bühne oft ein Märchen, und ich hoffe, wir werden das Publikum verzaubern können.

Ist für Sie das Verhalten Rusalkas nachvollziehbar?

Natürlich. Diese Nixe liebt den Prinzen bedingungslos, gibt ihre Existenz für ihn auf. Sie fährt damit nicht gut und verliert letztlich alles. Sie kann nie wieder zu den Ihren zurück, sondern muss in der Gestalt des Irrlichts den Menschen Verderben bringen. Dabei handelt sie nur aus Liebe. Wenn man so will, ist diese Selbstaufgabe aus Liebe sehr modern.

Nach der Rusalka kommen viele, teils neue Partien auf Sie zu ...

Ja, ich singe in San Diego meine erste Amelia in Verdis ,Ballo in maschera‘ und meine erste ,Aida‘ in München und in Rom mit Maestro Riccardo Muti. Darauf freue ich mich sehr, denn ich bin nach der ,Otello‘-Desdemona wohl endgültig im dramatischen Verdi-Fach angekommen.

Und im Strauss-Fach ...

Ja, bei den Salzburger Festspielen kommt im Sommer ja meine erste Marschallin im ,Rosenkavalier‘. Was für eine wundervolle Aufgabe. Gerade die Marschallin, diese so lebendige Verkörperung der österreichischen, speziell der Wiener Tradition.

Wie beurteilen Sie als Sängerin den Opernkomponist Strauss?

Die Musik ist einzigartig. Für mich als Sängerin stellt sich da eine andere Herausforderung. Strauss hat für das Orchester geschrieben. Da zählt jedes einzelne Instrument als eigene Stimme. Ich bin da nur eine Stimme von vielen. Im Idealfall stellt sich dann diese Einheit von Musik, Gesang und Wort ein.

Bedeutet die Marschallin auch vermehrt den Weg ins Richard-Strauss-Repertoire?

Ja, ich werde auch andere Strauss-Partien singen. Die Salzburger Festspiele etwa planen ein sehr schönes, großes Strauss-Projekt mit mir. Das wird hoffentlich Realität.

Da Sie vorhin das Orchester erwähnt haben: Sie haben selbst ein paar Jahre in drei Orchestern als Geigerin gespielt, ehe Sie als Sängerin begonnen haben. Hilft Ihnen diese Erfahrung?

Ungemein. Es hilft mir vor allem im Vorfeld, beim Lernen, beim Vorbereiten einer Partie. Ich denke, ich verstehe ganz gut, was da unten im Graben vor sich geht. Wichtig ist immer die Einheit zwischen Bühne, Graben und Dirigent. Oper ist immer ein Zusammenspiel mehrerer Beteiligter. Zumindest sollte sie das immer sein.

Im Gegensatz zum Liedgesang, den Sie sehr lieben ...

Wenn man Lieder singt, hat man fast die alleinige Verantwortung. Es gibt noch einen Pianisten, der einem helfen kann. Aber das war es dann auch schon. Noch dazu habe ich bei einem Lied vielleicht drei Minuten Zeit, um dem Publikum eine bestimmte Geschichte zu erzählen, die Menschen in eine gewisse Stimmung zu versetzen. Das ist nicht leicht, aber ich liebe Liederabende. Auch wegen der Intimität zwischen Interpret und Publikum.

Und welche Rolle im Opernbereich würden Sie sich wünschen?

Wenn ich Direktor Dominique Meyer um etwas bitten dürfte, dann wäre das wohl die Lisa in Tschaikowskys ,Pique Dame‘. Aber ich warte geduldig, was alles kommt.

Stück: „Rusalka“ gilt als die erfolgreichste Oper des tschechischen Komponisten Antonin Dvorák (1841 bis 1904). Das dreiaktige Werk entstand im Jahr 1900 nach einem Libretto von Jaroslav Kvapil und wurde am 31. März 1901 am Prager Nationaltheater uraufgeführt.

Das Libretto basiert auf slawischen Mythen über die sogenannten „Rusalki“ (das sind Wassergeister, Nixen), und ähnelt der Erzählung „Undine“ von Friedrich de la Motte Fouqué, Hans Christian Andersens Märchen „Die kleine Meerjungfrau“ sowie der altfranzösischen Melusinensage. Die Oper mit dem Untertitel „lyrisches Märchen“ wird als „tschechische Undine“ bezeichnet.

Inhalt: Die Nixe Rusalka hat sich in einen fremden Prinzen verliebt, der oft an ihren See kommt. Aus Liebe zu ihm will sie zur Frau werden. Eine Hexe erfüllt ihr – aller Warnungen zum Trotz – diesen Wunsch. Sie muss aber stumm bleiben. Sollte sie die Liebe des Prinzen nicht halten können, muss sie in den See zurückkehren und dem Geliebten den Tod bringen.

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Anfangs liebt der Prinz Rusalka und heiratet sie. Aufgrund ihrer Sprachlosigkeit aber wendet er sich bald anderen Frauen zu, von denen er selbst verlassen wird.

Von Reue und Sehnsucht getrieben sucht der Prinz Rusalka. Diese erscheint in Gestalt eines Irrlichts und warnt den Prinzen, dass ihr Kuss ihn töten werde. Der Prinz küsst Rusalka dennoch und stirbt. Rusalka wird aber nicht erlöst, sondern muss den Menschen als Irrlicht in alle Ewigkeit Verderben bringen.

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Produktion: Regie: Sven-Eric Bechtolf. Bühnenbild: Rolf Glittenberg. Kostüme: Marianne Glittenberg. Dirigent: Jiri Belohlávek. Es singen: Michael Schade (Der Prinz), Monika Bohinec (Die fremde Fürstin), Krassimira Stoyanova, (Rusalka), Günther Groissböck (Der Wassermann), Janina Baechle (Hexe Jezibaba) sowie Gabriel Bermúdez (Heger), Stephanie Houtzeel (Küchenjunge),Valentina Nafornita (1. Elfe)Lena Belkina (2. Elfe), Ilseyar Khayrullova (3. Elfe), Mihail Dogotari (Jäger).

Premiere: 26. Jänner. Beginn: 19 Uhr.