Kollektiv "WHW" übernimmt die Leitung der Kunsthalle Wien
Von Michael Huber
Nach der Documenta bekommt auch die Kunsthalle Wien ein Kollektiv als Chef: Das Frauenteam WHW aus Zagreb wird die Institution ab Juni leiten. Das Team - die Buchstaben stehen für "What, How and for Whom" (Was, wie, für wen) folgt auf Nicolaus Schafhausen, der seine Funktion mit Ende März vorzeitig zurücklegt - aufgrund des politischen Klimas in Österreich, wie er erklärt hatte. Eigentlich wäre sein Vertrag noch bis 2022 gelaufen.
Seit 20 Jahren aktiv
Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler kennt die Gruppe aus ihrer früheren Funktion als Intendantin des steirischen herbsts: 2011 kuratierten WHW dort die Hauptausstellung zum Thema "Second World". Auch bei anderen internationalen Ereignissen wie der Istanbul Biennale 2009 sammelte das Kuratorinnenteam Renommée.
Eigentlich besteht WHW aus vier Frauen, nach Wien übersiedeln nun drei davon: Ivet Ćurlin, Nataša Ilić und Sabina Sabolović. Das vierte Mitglied Ana Dević wird konzeptionell eingebunden sein, aber weiterhin in Zagreb die seit 15 Jahren bestehende Nova Galerija leiten.
Konkrete Projekte für Wien präsentierten WHW, die alle programmatischen Entscheidungen gemeinsam treffen, noch nicht - es werde aber sowohl klassische Ausstellungen geben als auch Projekte, für die man neues Publikum an ungewohnten Orten ansprechen wolle. Ein zentrales Anliegen sei es, Künstler aus verschiedenen Teilen der Welt einzuladen und diese an allen Aspekten des Betriebs, auch der Vermittlung, teilhaben zu lassen. Es solle auch einen regen Austausch mit der lokalen Kunstproduktion geben.
"Die erste Phase wird eine Phase intensiven Lernens für uns sein", sagte Sabina Sabolović, die mit ihren Kolleginnen nach der Präsentation gleich zu einem ausführlichen Kennenlern-Termin mit dem Team der Kunsthalle weiterzog. Dass es ein bestehendes Kuratorinnen-Team gebe, sehe das Trio nicht als Problem, erklärte Ivet Ćurlin. Das Trio wolle auch das von Nicolaus Schafhausen geplante Programm für 2019 unangetastet lassen.
Vernetzung
Insgesamt waren 83 Bewerbungen für die für fünf Jahre ausgeschriebene Stelle eingegangen - darunter auch die von zwölf Teams. Zwei Drittel der Anwärter kamen aus dem Ausland. Die Jury, bestehend aus Dirk Snauwaert (Kunstzentrum Wiels, Brüssel), Kathrin Rhomberg (Kunstsammlung Erste Stiftung), Hannah Lessing (Generalsekretärin Nationalfonds) und Norbert Kettner (Wien Tourismus) sowie Sonja Huber und Irina Nalis-Neuner (MA7) engten die Auswahl ein.
Als Bezahlung für die Leitungsfunktion war eine Summe von 120.000 Euro jährlich in der Ausschreibung vermerkt. Durch Umschichtungen im Budget der Institution sei man zu einer Lösung gelangt, die jeder einzelnen der neuen Leiterinnen laut Kaup-Hasler "ein anständiges Gehalt" bekomme, "ohne der Kunst Geld wegzunehmen". Individuell verdienen die Führungspersonen freilich weniger als der derzeitige Chef Schafhausen, der die Leitung allein innehat. Die Kunsthalle erhält im Rahmen eines drei-Jahres-Vertrags jährlich 4,1 Millionen Euro von der Stadt Wien, rund 1,2 Millionen blieben nach Abzug aller Personal- und Erhaltungskosten für die Kunst, erklärte die kaufmännische Geschäftsführerin Sigrid Mittersteiner.
Raum für Kunst und Künstler
Auf die unzureichende Sichtbarkeit und unbefriedigende räumliche Situation der Kunsthalle hatte Schafhausen wiederholt hingewiesen. Spannend wird nun die Frage, wie mit der Diskussion um eine Absiedelung der Kunstinstitution umgegangen wird. Laut Kaup Hasler brauche es "eine bessere Alternative als den Ist-Zustand" mit entsprechender finanzieller Absicherung. Das neue Leitungsteam ist auf dem Weg dahin aufgefordert, die Besucherzahl in den bestehenden Häusern zu erhöhen.